BERLIN (dpa-AFX) - Wer dem Möbel-Versandhändler Home 24 seit dem Börsengang im vergangenen Jahr treu geblieben ist, der beweist starke Nerven. Die Aktie hat nach einem guten Start an der Börse fast 90 Prozent ihres Wertes verloren. Zuletzt zog jedoch der Absatz an und die Umsatzzahlen fielen weniger schlecht aus als erwartet. Mit Investitionen in Logistik und Verkauf will das Unternehmen bis zum Jahresende sogar die Gewinnschwelle erreichen.

DAS IST LOS BEI HOME24:

Anfang September gab das Unternehmen seine Halbjahres-Bilanz bekannt: Inklusive Währungseffekten sei der Umsatz um 18 Prozent auf 178 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Getrübt wurde dieses positive Bild vor allem durch die Gewinnzahlen. Der bereinigte operative Verlust (Ebitda) stieg um 68 Prozent auf 23,4 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. Das Jahresziel aber steht: Bis zum Jahresende will Home24 auf Grundlage des bereinigten operativen Ergebnisses die Gewinnschwelle erreichen.

Diesen Optimismus gründet das Unternehmen auf einen gestiegenen Absatz in den wichtigen Märkten Brasilien und Europa und Investitionen in Logistik und Software. Der Umsatz in Brasilien stieg um 43 Prozent, in Europa um 24 Prozent. In Deutschland vermeldete das Unternehmen zudem, dass das neue Logistikzentrum in Halle (Saale) vollständig betriebsbereit sei.

Angesprochen auf die zunehmende Konkurrenz auf dem Heimatmarkt Deutschland durch den US-Rivalen Wayfair, äußerte sich Konzernchef Marc Appelhoff nach Bekanntgabe der Halbjahreszahlen unbeeindruckt. Er begrüße das verstärkte Marketing-Engagement, da so das Bewusstsein für den Online-Möbelhandel in Deutschland insgesamt gestärkt werde.

Auf eine generelle Schwäche der Branche, national wie international, kann das Unternehmen nicht verweisen, der große amerikanische Rivale Wayfair beweist, dass die Zukunft des Möbelgeschäfts im Internet liegt. Und der direkte Konkurrent Westwing hat 2018 gezeigt, dass man mit dem Geschäftsmodell Online-Möbelhandel in Deutschland ein positives operatives Ergebnis erwirtschaften kann.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Tushar Jain, Analyst bei Goldman Sachs, taxierte das Kursziel der Home24-Aktie Anfang September bei 4,10 Euro und damit um 40 Cent tiefer als zuvor. Trotzdem gab er eine neutrale Bewertung ab, obwohl er nur geringe Erwartungen an die Entwicklung hegt. Positiv sei aus seiner Sicht das andauernde Wachstum des Unternehmens, negativ hingegen die steigenden Kosten.

Der Analyst Christoph Bast vom Bankhaus Lampe bewertet die Aktie nach Bekanntgabe der Zahlen des zweiten Quartals positiv und empfiehlt einen Kauf. Den starken Anstieg der Absatzzahlen sieht er ebenso positiv angesehen wie den Abschluss der Investitionen in Lagerhäuser und Logistik. Das Kursziel legt er in seiner Analyse von Anfang September mit 17 Euro an.

Noch Ende Mai, nach dem die Zahlen für das erste Quartal 2019 bekannt gegeben worden waren, gab Grahham Renwick von der Privatbank Berenberg ein Kursziel von 18 Euro an. Diese Einschätzung bestätigte er seitdem wiederholt, zuletzt Mitte September. Seine Erwartung: Eine steigende Profitabilität und Wachstum werden zu einer Neubewertung führen. Er empfahl einen Kauf der Aktie.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Nachdem die Aktie seit ihrem Börsengang fast 90 Prozent ihres Werts verloren hat, ist der Abwärtstrend nun merklich abgeflacht. Wer als Anleger vom guten Start des Unternehmens im Juni 2018 angezogen wurde und der Aktie treu blieb, musste seitdem mit ansehen, wie der ursprüngliche Börsenwert von 600 Millionen Euro stetig dahin schmolz und nun nur noch im zweistelligen Millionenbereich liegt. Der einstiege Inhaber Rocket Internet hält an dem Unternehmen nur noch rund 11 Prozent der Anteile.

Ende des letzten Jahres sah es so aus, als wäre die Trendwende geschafft. Nach Bekanntgabe der Zahlen für das dritte Quartal stieg der Kurs in nur einer Woche von 12,50 auf 15,50 Euro. Doch die Freude währte nicht lange, ungeachtet einiger kurzer Episoden sank der Aktienwert stetig und erreichte am ersten Juli diesen Jahres seinen bisherigen Tiefstand von 2,80 Euro. Der heutige Kurs von 3,20 Euro sät zarte Hoffnung./ssc/knd/fba