LONDON (awp international) - Der Londoner Finanzbranche drohen laut einer Studie bei einem harten Brexit mehr Jobs verloren zu gehen als bisher gedacht. Allein im Kapitalmarktgeschäft wie dem Investmentbanking dürften langfristig 35 000 bis 40 000 Arbeitsplätze aus Grossbritannien in die verbleibende EU abwandern, schreibt die Unternehmensberatung Oliver Wyman in einer Studie vom Dienstag. Im vergangenen Jahr waren die Experten noch von 31 000 bis 35 000 gefährdeten Jobs in der britischen Finanzbranche ausgegangen, davon nur 12 000 bis 17 000 im Kapitalmarktgeschäft.

Ein guter Teil des Finanzmarkt-Geschäfts innerhalb der EU findet bisher in London statt. Für den Fall, dass Grossbritannien 2019 ohne entsprechende Sonderregeln aus der Europäischen Union ausscheidet - der sogenannte harte Brexit - müssen die Banken bestimmte Geschäftseinheiten samt Mitarbeitern an Standorte innerhalb der verkleinerten Gemeinschaft verlagern. "So lange die Ergebnisse der Brexit-Verhandlungen unvorhersehbar sind, müssen die Banken sich so verhalten, als ob es einen harten Brexit gibt", schreiben die Wyman-Autoren.

Mehrere Auslandsbanken haben sich bereits für Frankfurt als Ausweichstandort entschieden. Der Verband der Auslandsbanken geht davon aus, dass wegen des Brexits in den nächsten zwei Jahren 3000 bis 5000 neue Arbeitsplätze am Main entstehen werden. Daneben kristallisiert sich Dublin wegen niedriger Steuersätze als zweites Hauptziel abwandernder Institute heraus. Als weitere Ausweichstandorte gälten Paris und Amsterdam, heisst es in der Wyman-Studie.

Die Verlagerung von Geschäftseinheiten wird die Banken den Experten zufolge eine Menge Geld kosten. So dürften die Kapitalanforderungen um 15 bis 30 Prozent steigen. Dies entspreche insgesamt einer Summe von 30 bis 50 Milliarden US-Dollar (25,5 bis 42,5 Mrd Euro), heisst es bei Oliver Wyman. Zudem müssten die Banken für einige Aufgaben, die bisher zentral in London erledigt werden, separate Abteilungen innerhalb der EU einrichten. Dies werde die Betriebskosten um 2 bis 4 Prozent steigen lassen. Die Branche koste dies voraussichtlich pro Jahr rund eine Milliarde Dollar./stw/bgf/fbr