Der japanische Telekomkonzern SoftBank kündigte am Montag an, den Chipentwickler ARM Holdings aus Cambridge für umgerechnet 29 Milliarden Euro zu kaufen. ARM selbst empfahl seinen Aktionären die Annahme der Offerte. Die Zahl der Stellen im Königreich soll trotz einer erwarteten Rezession in den kommenden fünf Jahren verdoppelt werden. Die Regierung wertete die Übernahme als Vertrauensbeweis. "Nur drei Wochen nach dem Referendum zeigt sich, dass Großbritannien bei internationalen Investoren nichts von seiner Attraktivität eingebüßt hat", sagte der neue Finanzminister Philip Hammond. Auch Premierministerin Theresa May wertete den Deal als Beleg, dass die britische Wirtschaft auch nach dem Referendum erfolgreich sein kann.

Nach dem Votum der britischen Wähler für einen Austritt aus der EU sind Befürchtungen aufgekommen, dass Großbritannien als Wirtschaftsstandort stark leiden könnte. Einige Volkswirte sagen dem Königreich für das kommende Jahr eine Rezession voraus. Banken haben damit gedroht, Stellen aus London zu verlagern, falls das Land seine Mitgliedschaft im Europäischen Wirtschaftsraum verliert. "Ich bin das Gegenstück dazu", sagte SoftBank-Gründer Masayoshi Son. "Ich glaube ganz fest an Großbritannien." Das Brexit-Votum habe seine Entscheidung nicht beeinflusst.

Für SoftBank ist es der größte Zukauf in der Konzerngeschichte. Je Anteilsschein sollen die ARM-Aktionäre 17 Pfund in bar erhalten, was einem Aufschlag von mehr als 40 Prozent im Vergleich zum Schlusskurs vom Freitag entspricht. SoftBank verpflichtete sich, ARM als eigenständigen Konzernteil mit dem jetzigen Management zu erhalten. Der Firmensitz soll in der Universitätsstadt Cambridge bleiben. Allerdings soll ARM von der Börse genommen werden.

Der international aufgestellte Konzern hatte sich bereits in den vergangenen Wochen gegen das Brexit-Votum immun gezeigt. Die Aktie legte seit dem Referendum um fast 17 Prozent zu. Zugleich büßte das britische Pfund an Wert ein, womit Firmen auf der Insel für ausländische Investoren günstiger werden. Das schwächere Pfund habe aber bei der Übernahme keine Rolle gespielt, sagte Son.

Für SoftBank ist es das erste große Investment in der Halbleiterbranche, in der ARM einer der wichtigsten Akteure ist: Technologie des Unternehmens wird in unzähligen Geräten wie von Samsung Electronics, Apple oder Huawei Technologies eingesetzt. Allerdings ist das rasante Wachstum in der Smartphone-Branche vorüber, so dass sich das Unternehmen neue Gebiete erschließen will. In diesem Jahr kaufte ARM etwa den britischen Bildverarbeitungsspezialisten Apical. Die Firma entwickelt unter anderem Software, mit der Computer Fotos analysieren können.

SOFTBANK SITZT AUF SCHULDENBERG

Auch SoftBank orientiert sich derzeit um und will stärker auf Investments in High-Tech-Unternehmen setzen. Dafür hat Firmengründer Son seinen eigentlich geplanten Rückzug aus der Unternehmensspitze abgesagt. Ausschlaggebend für den Strategiewechsel sind nach seinen Worten Trends wie künstliche Intelligenz oder die zunehmende Vernetzung von Autos, Gebäuden oder Hausgeräten - dem "Internet der Dinge".

Softbank hatte in den vergangenen Monaten Anteile etwa am chinesischen Amazon.com-Konkurrenten Alibaba verkauft und damit umgerechnet mehr als 17 Milliarden Euro eingenommen. Experten gingen zunächst davon aus, dass Son mit dem Geld Schulden tilgt oder den Aktienkurs von SoftBank mit Hilfe eines Rückkaufs von Anteilsscheinen auf die Sprünge hilft. Der Konzern hatte im Jahr 2013 die Mehrheit am verlustreichen US-Mobilfunker Sprint für 22 Milliarden Dollar übernommen. Der Schuldenberg lastet noch heute auf den Japanern. Son zeigte sich zuversichtlich, dass ihm bei der Tochter die Trendwende gelingt.

In Tokio wurden SoftBank-Aktien am Montag wegen eines Feiertags nicht gehandelt, in Frankfurt fielen die Papiere um 1,6 Prozent. ARM-Anteilsscheine stiegen in London auf 16,95 Pfund. Auch andere Chipunternehmen wurden von der Fusion beflügelt: So legten Dialog Semiconductor um fünf Prozent und die frühere Siemens-Tochter Infineon Technologies um zwei Prozent zu.