BERLIN (dpa-AFX) - Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hält die Schuldenbremse in der aktuellen Form für nicht mehr zeitgemäß. "Ich persönlich mache keinen Hehl daraus, dass ich die Art, wie die deutsche Schuldenbremse konstruiert ist, für zu wenig intelligent halte", sagte Habeck am Montagabend in den ARD-"Tagesthemen". Sie sei "sehr statisch" und unterscheide nicht zwischen Geldern, die im Laufe des Jahres ausgegeben werden, und Investitionen in die Zukunft, die sich erst nach Jahren rechnen. Das scheine ihm wenig klug, sagte der Grünen-Politiker.
Die Schuldenbremse "wurde auch gebaut in einer anderen Zeit, als wir immer billiges Gas aus Russland hatten, als China immer unsere Werkbank war oder unser Abnahmemarkt, als die Amerikaner immer verlässliche, treue Freunde waren und uns die militärische Last abgenommen haben, weil es keinen Krieg in Europa gab", sagte Habeck. Diese Voraussetzungen hätten sich verändert.
Die Debatte um die Schuldenbremse helfe in diesem Jahr trotzdem nicht weiter. "Es gibt einen Koalitionsvertrag, der Koalitionspartner und auch die Opposition hat klar gemacht, dass sie meine Meinung und die von vielen anderen, von vielen Ökonomen nicht teilen. Insofern ist das eine für die Zukunft wahrscheinlich entscheidende, vielleicht eine ganz entscheidende Debatte. Für die Gegenwart werden wir das Geld anders finden müssen", sagte der Wirtschaftsminister.
Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse gibt dem Bund nur einen geringen Spielraum zur Aufnahme von Krediten. Ausnahmen sind bei Naturkatastrophen und in außergewöhnlichen Notsituationen zulässig, wie zuletzt wegen der Corona-Pandemie und des Kriegs in der Ukraine. Die Schuldenbremse gehört zu den zentralen Wahlversprechen der FDP, in Teilen von Grüne und SPD ist sie hingegen umstritten.
Das Bundesverfassungsgericht hatte in der vergangenen Woche eine Umwidmung von Krediten von 60 Milliarden Euro im Haushalt 2021 für nichtig erklärt. Sie waren zur Bewältigung der Corona-Krise genehmigt worden, sollten aber für Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Nun stehen die Milliarden nicht zur Verfügung. Offen ist, inwiefern das Urteil darüber hinaus Folgen für den Umgang mit schuldenfinanzierten Sondervermögen in Bund und Ländern haben könnte./kli/DP/zb