(aktualisierte Fassung)

BERLIN/MOSKAU (dpa-AFX) - Bundeskanzler Olaf Scholz und der französische Staatschef Emmanuel Macron haben Russland vor schweren Konsequenzen einer weiteren militärischen Aggression gegen die Ukraine gewarnt. Die Führung in Moskau habe viele Truppen entlang der Grenze zum Nachbarland stationiert und müsse dringend zur Deeskalation beitragen, forderte Scholz am Dienstag im Berliner Kanzleramt, wo er den Franzosen zu einem Antrittsbesuch empfing. Macron sagte, man bereite eine gemeinsame Reaktion für den Fall eines Angriffs vor und warnte: "der Preis wäre sehr hoch."

Deutschland und Frankreich seien in dem Konflikt geeint, sagte Macron. Er wies zudem erneut darauf hin, dass der Dialog mit Russland nicht abgebrochen werden dürfe. Scholz machte aber klar, dass von Russland "eindeutige Schritte, die zu einer Deeskalation der Situation beitragen", erwartet würden.

Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarsches in der Nähe der Ukraine wird im Westen befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in das Nachbarland planen könnte. Für möglich wird allerdings auch gehalten, dass nur Ängste geschürt werden sollen, um die Nato-Staaten zu Zugeständnissen bei Forderungen nach neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen.

Erstmals seit Beginn der aktuellen Spannungen wollen am Mittwoch offizielle Vertreter beider Konfliktländer zu Gesprächen zusammenkommen. Ein Treffen auf Beraterebene ist in Paris geplant. Auch Frankreich und Deutschland sollen an der Zusammenkunft im sogenannten Normandie-Format teilnehmen. Wie es aus Élyséekreisen hieß, soll es in den Gesprächen um humanitäre Maßnahmen und Zukunftsüberlegungen der Ukraine gehen. Außerdem wolle man ein Datum finden, an dem die Ukraine mit den kremltreuen Separatisten über einen Sonderstatus für die Region Donbass verhandelt. Die Ukraine lehnte dies bisher offiziell ab. Sie sieht Moskau und nicht die Separatisten als Verhandlungspartner.

Deutschland und Frankreich vermitteln in dem seit 2014 andauernden Konflikt. Ihr verhandelter Friedensplan liegt jedoch auf Eis. Nach UN-Schätzungen wurden bei Kämpfen zwischen ukrainischen Regierungstruppen und kremltreuen Separatisten in der ukrainischen Region Donbass mehr als 14 000 Menschen getötet.

Macron will am Freitag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefonieren und ihm einen Weg der Deeskalation vorschlagen. Dem französischen Staatschef zufolge geht es in dem Gespräch darum, Bilanz zu ziehen und einige Punkte zu klären. Aus Élyséekreisen hieß es, Macron wolle Konsequenzen eines Angriffs klarmachen, glaube aber auch an die Möglichkeit einer Deeskalation. Macron setzt in dem Konflikt auf zahlreiche Dialogformate. Immer wieder betont er, dass es das Gespräch mit Russland brauche.

Die USA bereiten sich gemeinsam mit ihren Verbündeten auf eine mögliche Reduzierung russischer Gaslieferungen nach Europa im Falle einer Eskalation vor. "Wir arbeiten mit Ländern und Unternehmen auf der ganzen Welt zusammen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und Preisschocks sowohl für die amerikanische Bevölkerung als auch die Weltwirtschaft abzufedern", sagte ein hochrangiger US-Regierungsmitarbeiter am Dienstag in Washington. "Wir sind in Gesprächen mit großen Erdgasproduzenten rund um den Globus, um deren Kapazität und Bereitschaft zur zeitweisen Erhöhung der Erdgasproduktion zu ermitteln und diese Mengen europäischen Abnehmern zuzuweisen."

Vor dem Hintergrund der Spannungen mit der Nato haben mehr als 1000 russische Soldaten der Panzertruppe Übungen abgehalten. Sie dienten der Überprüfung der Gefechtsbereitschaft, teilte das Verteidigungsministerium n Moskau mit. 100 Einheiten von Waffen-, Kampf- und Spezialtechnik seien dabei im Moskauer Gebiet eingesetzt worden. Auch auf der von Russland einverleibten Halbinsel Krim im Schwarzen Meer hätten Panzer mehrere Schießübungen auch in unwegsamem Gelände absolviert, hieß es weiter. Den Übungen schloss sich demnach auch die Marine an, so die Schwarzmeerflotte und die Kaspische Flottille. Russland hatte zuletzt bereits mehrere Marine-Manöver mit 140 Kriegsschiffen bis Ende Februar angekündigt./cn/DP/he