BRÜSSEL (dpa-AFX) - Russland drohen wegen der Inhaftierung des Oppositionspolitikers und Kremlgegners Alexej Nawalny neue EU-Sanktionen. Mehrere Vertreter von Mitgliedstaaten bezeichneten Strafmaßnahmen am Mittwoch in Brüssel als realistische Option. Sie könnten zum Beispiel EU-Einreiseverbote und Vermögenssperren gegen Verantwortliche für das Vorgehen gegen Nawalny umfassen.

Erste Beratungen zu dem Thema soll es am kommenden Montag bei einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel geben. Eine Entscheidung werde aber vermutlich erst fallen, wenn Nawalny längerfristig in Haft gehalten werden sollte, sagte ein EU-Diplomat der Deutschen Presse-Agentur. Eine Entscheidung der russischen Justiz darüber wird frühestens am 29. Januar erwartet. Für dieses Datum ist das nächste Gerichtsverfahren gegen Nawalny angesetzt.

Zu den Befürwortern eines harten Kurses gegenüber Moskau gehören unter anderem die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen. Sie hatten bereits Anfang der Woche in einem Schreiben an den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell "entschiedene diplomatische Maßnahmen" gefordert und neben neuen Sanktionen auch die Verschiebung eines für Anfang Februar geplanten Borrell-Besuchs in Moskau ins Spiel gebracht.

Nawalny war am Montag in Russland in einem umstrittenen Eil-Gerichtsverfahren wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen zu 30 Tagen Haft verurteilt worden. Der Oppositionspolitiker hatte sich zuvor zur Rückkehr in seine Heimat entschieden, obwohl er dort im August Opfer eines Anschlags mit dem als Chemiewaffe verbotenen Nervengift Nowitschok geworden war.

Wegen des Anschlags auf Nawalny, der danach in Deutschland behandelt wurde, hatte die EU bereits im vergangenen Jahr Einreise- und Vermögenssperren gegen mutmaßliche Verantwortliche aus dem Umfeld von Präsident Wladimir Putin verhängt. In Brüssel wird davon ausgegangen, dass staatliche Stellen in Russland hinter dem Attentat stehen. Nawalny sieht ein "Killerkommando" des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB unter Putins Befehl hinter dem Attentat vom 20. August. Putin und der FSB weisen die Anschuldigungen zurück./aha/DP/nas