Kommentare, Einschätzungen und Entwicklungen zur Energieversorgung und -sicherheit in Deutschland:


Finnland und Schweden verstärken nach Nord-Stream-Lecks Sicherheit 

Finnland und Schweden wollen nach den mutmaßlichen Sabotageakten an den Nord-Stream-Gaspipelines in der Ostsee die Sicherheit rund um wichtige Infrastruktur verstärken. Dies gelte insbesondere für das Stromnetz und die Balticconnector-Gas-Pipeline, sagte die finnische Finanzministerin Annika Saarikko am Donnerstag. Es gebe derzeit keine Berichte über "spezifische Drohungen" gegen Finnland, fügte die Ministerin hinzu. "Aber diese sehr außergewöhnlichen und schwerwiegenden Sabotageakte geben uns Anlass, unsere eigenen Vorkehrungen zu verstärken."


Studie: Versorgungslücken auf dem Strommarkt bis 2030 möglich 

Laut Analyse des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI) ist die Versorgungssicherheit mit Strom "in diesem Jahrzehnt derzeit nicht in allen extremen Wettersituationen garantiert". Entscheidende Faktoren seien die steigende Stromnachfrage durch fortschreitende Elektrifizierung, der Rückbau fossiler Kraftwerkskapazitäten sowie ein zu langsamer Ausbau erneuerbarer Energien. In den betrachteten Szenarien führe ein beschleunigter Kohleausstieg bis 2030 dazu, dass mehr und größere Versorgungslücken auftreten könnten. Diese seien um durchschnittlich 5 GW größer und träten in 60 Stunden pro Jahr mehr auf als bei einem Kohleausstieg bis 2038. "Diesen möglichen Versorgungslücken kann mit zusätzlicher erneuerbarer Erzeugungskapazität, insbesondere in Kombination mit zusätzlichen Batteriespeichern, entgegengewirkt werden", so das EWI.


Deutsche Behörden gehen bei Pipelines von großer Sprengkraft aus 

Nach Überzeugung der deutschen Sicherheitsbehörden waren für die Unterbrechung der Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee hochwirksame Sprengsätze nötig. Nach Informationen des Spiegel wurde berechnete, dass für die Zerstörung der Röhren Sprengsätze eingesetzt worden sein müssen, deren Wirkung mit der von 500 Kilogramm TNT vergleichbar ist. In die Schätzung wurden auch die von diversen Messstationen registrierten seismischen Signale einbezogen. Die bisher nicht bekannten Schätzungen untermauern die Vermutung, dass nur ein staatlicher Akteur hinter der Aktion stecken kann. Bisher hält sich die Bundesregierung mit Spekulationen über die Hintergründe der Unterbrechung der Pipelines zurück.


Gasverbrauch in vergangener Woche stark gestiegen 

Der Gasverbrauch von Haushalten und Gewerbe ist stark angestiegen. In der vergangenen Woche lag er deutlich über dem durchschnittlichen Verbrauch in den Vorjahren, wie die Bundesnetzagentur mitteilte. Behördenchef Klaus Müller warnte: "Ohne erhebliche Einsparungen auch im privaten Bereich wird es schwer, eine Gasmangellage im Winter zu vermeiden." Der Gasverbrauch hatte bis Mitte September teils deutlich unter den Verbräuchen der Vorjahre gelegen. Weil die privaten Verbraucher Gas hauptsächlich zum Heizen nutzen, hatten sie zu den Einsparungen bislang kaum beigetragen. Dass der Verbrauch nun mit sinkenden Temperaturen stark anstieg, veranlasste die Bundesnetzagentur zu Sparaufrufen.


Nato-Rat verurteilt "Sabotageakte" an Nord-Stream-Pipelines 

Die Nato geht von einer vorsätzlichen Beschädigung der Nord-Stream-Pipelines aus und droht den Urhebern mit einer "entschlossenen Reaktion". "Alle derzeit verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass dies das Ergebnis vorsätzlicher, rücksichtsloser und unverantwortlicher Sabotageakte ist", erklärte der Nato-Rat. "Wir unterstützen die laufenden Untersuchungen zur Klärung der Schadensursache", hieß es weiter. "Jeder vorsätzliche Angriff auf die kritische Infrastruktur der Bündnispartner würde mit einer gemeinsamen und entschlossenen Reaktion beantwortet", betonten die 30 Mitgliedstaaten. Russland wird in der Erklärung nicht erwähnt.


VCI fordert Energiepreisdeckel 

Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Wolfgang Große Entrup, hat unabhängig von der geplanten Notbremse bei der Gasumlage weitere Unterstützung für die Wirtschaft durch einen Strom- und Gaspreisdeckel gefordert. "Wenn Chemie-Unternehmen wegen astronomischer Energiekosten ihre Produktion drosseln oder gar einstellen müssen, ist das eine Katastrophe für unseren Industriestandort Deutschland. Ein Mittelständler nach dem anderen bricht uns weg", sagte er. "Ohne Chemie steht unser Land still." Die hohen Energie- und Rohstoffkosten hätten die Branche schon im zweiten Quartal gezwungen, ihre Produktion deutlich zu drosseln. Seither habe sich die Lage dramatisch zugespitzt. Seit Juli mehrten sich Meldungen, dass einzelne Produktionsanlagen in der Grundstoffchemie stillgelegt würden.


Viertes Leck in Nord-Stream-Pipelines entdeckt 

An den Nord-Stream-Gaspipelines zwischen Russland und Deutschland ist in der Ostsee ein viertes Leck entdeckt worden. "Es gibt zwei Lecks auf schwedischem Gebiet und zwei auf dänischem", erklärte ein Verantwortlicher der schwedischen Küstenwache gegenüber der Nachrichtenagentur AFP - die beiden Lecks auf schwedischem Gebiet lägen "nahe beieinander". Aus den Pipelines Nord Stream 1 und 2 waren zuvor bereits an einer Stelle in der schwedischen Wirtschaftszone und an zwei in der dänischen Lecks festgestellt worden.


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September 29, 2022 11:29 ET (15:29 GMT)