Berlin/Neu-Delhi (Reuters) - Als Schritt gegen den Fachkräftemangel in Deutschland hat die Bundesregierung mit Indien ein Migrationsabkommen unterzeichnet.

Die Vereinbarung wurde beim Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock in Indien am Montag besiegelt. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums handelt es sich dabei um "das erste umfassende Abkommen im Migrationsbereich, das Deutschland mit einem Herkunftsland abschließt" und habe daher Modellcharakter für weitere dieser Art. Gefördert werden soll damit der Zuzug von Studierenden, Auszubildenden und Fachkräften einerseits, andererseits sollen die Verfahren zur Rückführung illegal eingereister Migranten vereinfacht werden.

"Wir stellen die Weichen dafür, dass qualifizierte junge Inderinnen und Inder in Deutschland berufliche und praktische Erfahrungen sammeln, studieren, eine Ausbildung beginnen oder als Fachkraft arbeiten können", erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser. "Das ist ein weiterer wichtiger Schritt, um Fachkräfte zu gewinnen, die wir auf dem deutschen Arbeitsmarkt dringend brauchen." Gleichzeitig werde irreguläre Migration konsequent bekämpft. "Wir erleichtern die Rückkehr von ausreisepflichtigen Staatsangehörigen, indem wir klare Verfahren zu deren Identifizierung und Rückführung vorsehen", erklärte Faeser.

Baerbock sagte in Neu-Delhi, die deutsch-indischen Beziehungen hätten "großes Potenzial". Indien hat derzeit knapp 1,4 Milliarden Bewohner und wird Prognosen zufolge im nächsten Jahr China als bevölkerungsreichstes Land der Erde ablösen. Der indische Außenminister Subrahmanyam Jaishankar verwies bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Baerbock auf die langen Wartezeiten bei Visa-Anträgen für Inder, die nach Deutschland reisen wollten. "Eine der großen Aufgaben wird sein, die Wartezeiten drastisch zu reduzieren", sagte Baerbock. "Denn wir wollen, dass hoch qualifizierte Fachkräfte aus Indien leichter nach Deutschland kommen."

"NICHT ERSATZPARTNER FÜR CHINA"

Der Zuzug qualifizierter Fachkräfte aus Indien bietet nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums reichlich Möglichkeit, Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken. Derzeit leben in Deutschland den Angaben zufolge bereits knapp über 200.000 indische Staatsangehörige, der überwiegende Teil davon regulär. Gleichzeitig hielten sich mehr als 5.000 indische Staatsangehörige rechtswidrig in Deutschland auf. Indische Staatsangehörige stellen demnach mit knapp 25.000 Menschen die zweitgrößte Gruppe ausländischer Studierender in Deutschland.

Mit Blick auf Indiens Nachbarn China sagte Außenministerin Baerbock, dass man die Diversifizierung der Wirtschaftsbeziehungen vorantreiben wolle, gerade in der indopazifischen Region. "Indien ist aber nicht Ersatzpartner für China", betonte sie zugleich. Indien sei vielmehr seit langem Wertepartner, mit dem man demokratische Überzeugungen und Menschenrechtsvorstellungen teile. Russland habe gezeigt, wie gefährlich es sein könne, von Partnern abzuhängen, die nicht Wertepartner seien, was auch volkswirtschaftlich "dramatische Folgen" haben könne.

(Bericht von Andreas Rinke, Alexander Ratz, Reuters TV; redigiert von Sabine Ehrhardt; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)