FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Euro ist am Donnerstag erstmals seit über fünf Jahren unter 1,05 US-Dollar gefallen. Im Tief kostete die Gemeinschaftswährung 1,0472 Dollar. Dies war der niedrigste Stand seit Januar 2017. Am Nachmittag erholte sich der Euro geringfügig und kostete 1,0492 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0485 (Mittwoch: 1,0583) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9537 (0,9449) Euro.

Der Euro steht schon seit geraumer Zeit zum Dollar unter Druck. Die US-Notenbank Fed hat bereits begonnen, im Kampf gegen die hohe Inflation ihre Zinsen anzuheben, während dies von der EZB erst in der zweiten Jahreshälfte erwartet wird. Auf den ersten Blick schwache US-Konjunkturdaten änderten an diesem Bild zunächst nichts. So ist die US-Wirtschaft im Winter überraschend geschrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) fiel im ersten Quartal auf das Jahr hochgerechnet um 1,4 Prozent, während Volkswirte mit einem Wachstum von 1,0 Prozent gerechnet hatten.

Belastet wurde die Wirtschaft im ersten Quartal vor allem durch eine deutliche Ausweitung des Handelsbilanzdefizits. Der private Konsum und die Investitionen aber entwickelten sich solide. "Gerade weil der private Konsum und die Investitionen zulegen, hat der Rückgang des BIP für die US-Notenbank keine Konsequenzen", kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. "Die US-Währungshüter haben der Inflation den Kampf angesagt." Schon in der kommenden Woche werde die Fed erneut die Zinsen anheben.

Der Druck auf die Europäische Zentralbank, die Zinsen bald anzuheben, wächst jedoch. So ist in Deutschland die Inflationsrate im April nochmals gestiegen. Die Verbraucherpreise lagen um 7,4 Prozent über dem Wert des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt anhand vorläufiger Daten errechnet hat. "Wir haben ein ernstes Inflationsproblem", mahnte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Es ist höchste Zeit, dass die EZB den Fuß vom Gas nimmt und ihre Leitzinsen erhöht." Die Inflationszahlen für die Eurozone insgesamt werden am Freitag veröffentlicht.

Noch stärker als der Euro stand der japanische Yen unter Druck. Am Donnerstag mussten für einen US-Dollar zeitweise 131 Yen gezahlt werden - so viel wie seit etwa zwanzig Jahren nicht mehr. Wie der Euro wird der Yen durch die Erwartung einer deutlichen geldpolitischen Straffung in den USA belastet. In Japan kommt die extrem lockere Ausrichtung der dortigen Notenbank hinzu, die auch nach ihrer jüngsten Zinssitzung in der Nacht auf Donnerstag keine Hinweise auf eine künftige Straffung erkennen lässt.

Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,84350 (0,84215) britische Pfund, 137,13 (135,57) japanische Yen und 1,0216 (1,0229) Schweizer Franken fest. Die Feinunze Gold kostete am Nachmittag in London 1885 Dollar. Das waren 80 Cent weniger als am Vortag. /jsl/la/he