Die Europäische Zentral Bank (EZB) hat am vergangenen Donnerstag erneut an den Leitzinsen geschraubt und die Dauer ihres Anleihenkaufprogramms verlängert. Allerdings hat sie es vorgezogen, den monatlichen Umfang nicht zu erweitern. Da dies viele Marktteilnehmer auf dem falschen Fuß erwischt hat, konnte der Euro einen Rekordanstieg für dieses Jahr mit über 3% innerhalb eines Tages verzeichnen.

Der Einlagezins, zu dem die Banken bei der EZB Geld hinterlegen können, wurde von -0,2% auf -0,3% reduziert, um die Geldinstitute dazu zu bringen, der Realwirtschaft mehr Mittel zur Verfügung zu stellen. Das Kaufprogramm, das ursprünglich bis September 2016 geplant war, wird um mindestens 6 Monate ohne definitives Enddatum verlängert. Schlussendlich wird die Dauer des Kaufprogramms von der Inflationsrate abhängen, die aktuell immer noch im Jahresvergleich bei 0,1% vor sich hin dümpelt – wohingegen das Ziel der EZB für die Inflationsrate bei knapp unter 2% liegt. Die vom Vorsitzenden der EZB Mario Draghi angekündigten Maßnahmen waren unzureichend, um die hohen Erwartungen des Marktes zu erfüllen und den Abwärtsdruck auf den Eurowechselkurs aufrecht zu erhalten. Sogar bereits während Mario Draghis Pressekonferenz verlor der Euro innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums deutlich an Wert.

Es ist dennoch unwahrscheinlich, dass die Erholung der europäischen Währung nachhaltig ist. Dafür gibt es zwei fundamentale Gründe: Erstens, die von der EZB angekündigten Maßnahmen erweitern die Diskrepanz zwischen der Ausrichtung der Geldpolitik der Fed und der EZB, wobei letztere bei Bedarf sogar noch weitere Lockerungsmaßnahmen in Aussicht gestellt hat. Zweitens, die Zurückhaltung der EZB bei dieser Sitzung kann auch als implizite Koordination mit der Fed interpretiert werden, da diese am 16. Dezember alle Voraussicht nach zum ersten Mal seit 10 Jahren den Leitzins anheben wird. Da dies ohnehin der amerikanischen Währung gegenüber dem Euro Auftrieb geben dürfte, hat die EZB möglicherweise entschieden, sich einstweilen zurückhaltend zu zeigen.

Aus charttechnischer Sicht hat sich der Euro durch seinen schnellen Anstieg etwas Luft verschafft. Der EUR/USD Kurs steht jetzt nahe am gleitenden Durchschnitt über 50 Tage. Unterhalb des Widerstands bei 1,1022 USD ist der Abwärtstrend jedoch weiterhin intakt. Wir sehen in den aktuellen Kursniveaus eine attraktive Handelschance, um auf eine neuerliche Abwertung des Euros zum Dollar zu setzen. Wir erwarten, dass vor dem Hintergrund der stark divergierenden geldpolitischen Ausrichtungen zwischen der EZB und der Fed die Jahrestiefs in den kommenden Wochen erneut getestet werden.