Beirut/Jerusalem (Reuters) - Israel hat am Mittwoch ungeachtet internationaler Friedensbemühungen seine Offensive im Libanon fortgesetzt.

Die Luftangriffe konzentrierten sich auf die Provinzhauptstadt Baalbek sowie umliegende Dörfer im Nordosten des Landes, hieß es in Kreisen der israelischen Armee. Zuvor hatte Israel die Bevölkerung zum Verlassen der für ihre römischen Tempel berühmten Stadt aufgefordert. Zehntausende überwiegend schiitische Muslime flohen daraufhin aus Baalbek. Die USA setzten ihre diplomatischen Bemühungen fort, die zunächst zu einer 60-tägigen Feuerpause führen sollen.

Baalbek gilt als Hochburg der Hisbollah-Miliz, die dort gegründet wurde und anfangs Standort des Hauptquartiers der radikal-islamischen Gruppierung war. Die Einwohner Baalbeks seien mit Lautsprechern zum Verlassen der Stadt aufgefordert worden, berichtete der regionale Leiter des libanesischen Zivilschutzes, Bilal Raad. "Die ganze Stadt ist in Panik", sagte vor dem Bombardement. Es hätten sich riesige Staus auf den Straßen gebildet. Die mehrheitlich christliche Stadt Deir al-Ahmar nahe Baalbek hat nach Angaben des Abgeordneten Antoine Habchi über 10.000 Flüchtlinge in Häusern, Schulen und Kirchen aufgenommen. "Wir heißen natürlich jeden willkommen, aber wir brauchen Hilfe von der Regierung, damit diese Menschen nicht in der Kälte stehen", sagte er Reuters.

Baalbek liegt nicht an der eigentlichen Frontlinie im Süden des Libanon. Die Bodenkämpfe konzentrierten sich auf die Stadt Chijam. Dort seien den dritten Tag in Folge heftige Kämpfe im Gange, meldete die Hisbollah. Chijam ist der bislang weiteste Vorstoß von israelischen Truppen in den Libanon.

USA DRINGEN AUZF UMSETZUNG VON UN-RESOLUTION

Die USA wollten mit einer zunächst auf 60 Tage begrenzten Feuerpause erreichen, dass die vollständig umgesetzt wird, sagten zwei mit den Vorgängen vertraute Personen Reuters. Die Resolution sieht unter anderem die Schaffung einer entmilitarisierten Zone zwischen Israel und dem Libanon vor, die von der UN-Friedenstruppe Unifil überwacht werden soll. Die US-Unterhändler Brett McGurk und Amos Hochstein würden deswegen am Donnerstag in Israel erwartet.

Der neue Führer der Hisbollah, Naim Kassem, hat signalisiert, einen Waffenstillstand unter bestimmten Voraussetzungen zu akzeptieren. Allerdings habe Israel bislang keinem Vorschlag zugestimmt, der aus Sicht der Hisbollah verhandelt werden könnte. Der israelische Fernsehsender Channel 12 berichtete, dass Israel eine verschärfte Version der UN-Resolution 1701 anstrebe, die es Israel erlauben würde, einzugreifen, wenn es seine Sicherheit bedroht sieht.

Auch im Gazastreifen wurden am Mittwoch die Kämpfe fortgesetzt. Nach Angaben palästinensischer Mediziner wurden bei israelischen Luftangriffen mindestens 30 Menschen getötet. Betroffen war unter anderem das Gebiet Salateen in Beit Lahija im Norden. Dort liegt derzeit der Schwerpunkt der Kämpfe. Bereits Anfang des Monats war das Militär mit Panzern nach Beit Lahija, Beit Hanun und Dschabalia vorgestoßen, um Hamas-Kämpfer zu vertreiben, die sich dort neu formiert haben sollen. Bislang sind durch die neuen Vorstöße nach palästinensischen Angaben Hunderte Menschen getötet worden.

(Bericht von Timour Azhari, Maya Gebeily, Laila Bassam und James Mackenzie, geschrieben von Hans Busemann, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)