Die Corona-Pandemie lässt die deutsche Wirtschaft dem Ifo-Institut zufolge nicht so stark schrumpfen wie die globale Finanzkrise 2009.

Das Bruttoinlandsprodukt dürfte in diesem Jahr um 5,2 Prozent sinken, wie die Münchner Forscher am Dienstag voraussagten. Im Sommer waren sie noch von minus 6,7 Prozent ausgegangenen, womit der bisherige Rekordrückgang aus der Finanzkrise 2009 von 5,7 Prozent übertroffen worden wäre. "Der Absturz der deutschen Wirtschaft verläuft glimpflicher als gedacht", betonten die Ifo-Ökonomen nun. Sie sind optimistischer als die Bundesregierung, die mit minus 5,8 Prozent rechnet.

"Der Rückgang im zweiten Quartal und die Erholung derzeit verlaufen günstiger als wir erwartet hatten", begründete Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser die Aufwärtskorrektur. Dafür werde das Wachstum im kommenden Jahr geringer ausfallen: Das Institut rechnet nun mit 5,1 statt 6,4 Prozent. Ende nächstes Jahres könne die Wirtschaft dann ihr Vorkrisenniveau erreichen. Für 2022 wird ein Plus von 1,7 Prozent vorausgesagt. "Die Unsicherheit bei den Prognosen ist sehr groß, weil niemand weiß, wie die Corona-Pandemie weiter verläuft, ob es nicht doch noch einen harten Brexit gibt und ob die Handelskriege beigelegt werden", betonte Wollmershäuser.

"NICHT MIT GEWALT"

Ifo-Präsident Clemens Fuest warnt vor einer verfrühten Rückkehr zur schwarzen Null im Staatshaushalt. "Es wäre jetzt sicherlich nicht klug, mit Gewalt zu ausgeglichen Haushalten zurückzukehren in der kurzen Frist", sagte er. Das sei in der aktuellen Situation nicht sinnvoll, auch wenn Kosten und Nutzen einzelner konjunkturpolitischer Maßnahmen der Regierung hinterfragt werden könnten. Es sei wichtig, den Aufschwung nicht durch verfrühte Konsolidierung der Staatsfinanzen zu stören und zu bremsen. Fuest mahnte zugleich, die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse nicht über Bord zu werfen. Eine Verpflichtung zur Rückkehr zu annähernd ausgeglichenen Haushalten sei wichtig. "Denn das hält die Zinsen für Staatsanleihen niedrig und das Vertrauen in die Staatsfinanzen nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa hoch."

Das Ifo-Institut geht davon aus, dass der Staat selbst 2022 noch tiefrote Zahlen schreiben wird. Im laufenden Jahr soll das Defizit fast 171 Milliarden Euro betragen, 2021 rund 87 Milliarden und 2022 noch gut 68 Milliarden Euro. Grund sind Steuerausfälle und milliardenschwere Konjunkturhilfen wegen der Corona-Rezession. Diese hinterlässt auch sichtbare Spuren am Arbeitsmarkt. Die Zahl der Erwerbslosen wird der Prognose zufolge von durchschnittlich 2,3 Millionen im vergangenen Jahr auf 2,7 Millionen 2020 steigen. 2022 soll sie mit 2,5 Millionen über dem Vorkrisenniveau verharren. Ein Grund dafür sei der erwartete Anstieg der Firmenpleiten im kommenden Jahr, sagte Wollmershäuser. Dabei würden viele Jobs verloren gehen.