LONDON (dpa-AFX) - Bei den britischen Kommunalwahlen sind die regierenden Konservativen und die größte Oppositionspartei Labour wegen der Brexit-Streitereien abgestraft worden. Beide Parteien fuhren bei den Abstimmungen in weiten Teilen Englands und Nordirlands erhebliche Verluste ein. Davon profitierten vor allem die Liberaldemokraten, aber auch die Grünen und die unabhängigen Kandidaten.

Eigentlich hätte Großbritannien die Europäische Union bereits Ende März verlassen sollen. Die Brexit-Frist wurde inzwischen aber bis zum 31. Oktober verlängert, nachdem Premierministerin Theresa May dreimal im Parlament mit ihrem Austrittsabkommen gescheitert war.

Politikwissenschaftler John Curtice von der Universität Strathclyde in Glasgow sprach von einer Bestrafungsaktion der Wähler: "Die Labour-Partei verliert dort, wo sie historisch stark ist. Und die Konservativen verlieren dort, wo sie historisch stark sind."

In der Konservativen Partei wurden die Rufe nach einem schnellen Rücktritt von Regierungschefin May lauter. Wahlforscher rechneten damit, dass die Tories etwa 800 Sitze verlieren könnten. Das endgültige Ergebnis sollte erst am Freitagabend feststehen. In Schottland, Wales und auch in London wurde nicht gewählt.

Insgesamt ging es bei den Wahlen um mehr als 8000 Sitze lokaler Gremien. Gewählt wurde in 248 englischen Bezirken. In einigen davon ging es darum, alle Sitze neu zu vergeben, in anderen stand nur ein Teil zur Wahl. In Nordirland wurden die Gremien in allen elf Bezirken des Landesteils komplett neu besetzt. In sechs mittelgroßen und kleineren Städten wurden zudem neue Bürgermeister bestimmt.

Die neu gegründete Brexit-Partei des Ex-Ukip-Chefs Nigel Farage durfte noch nicht an den Kommunalwahlen teilnehmen. Sie führt bereits Wochen nach ihrer Gründung die Umfragen zur Europawahl Ende Mai an.

Überschattet wurden die Kommunalwahlen vom Rauswurf des Verteidigungsministers Gavin Williamson am Mittwoch. Regierungschefin May wirft Williamson vor, Medienvertretern sensible Informationen aus einem Treffen des nationalen Sicherheitsrats gesteckt zu haben. Williamson wies dies strikt zurück. Seine Nachfolgerin ist die bisherige Entwicklungshilfeministerin Penny Mordaunt./cha/DP/zb