Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--"BIP-BIP-Hurra - deutsche Wirtschaft wächst wieder" - so würde die Bild-Zeitung vielleicht titeln, wenn das Statistische Bundesamt (Destatis) am Dienstag tatsächlich einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im ersten Quartal meldet. Das ist natürlich der Hingucker. Aber dann ist da noch die Dachzeile: "Nach anderthalb Jahren Stagnation". Und die Unterzeile: "März-Daten dürften schon wieder schwächer ausfallen". Und bloß nicht Seite 3 aufschlagen, wo der Bericht über das drohende Ende des deutschen Geschäftsmodells steht. Aber egal - der Mensch freut sich erstmal.

Gute wie schlechte Nachrichten werden sich in der Woche auf den Dienstag konzentrieren, wenn nicht nur deutsche BIP-Daten, sondern auch solche aus Frankreich, Spanien, Italien und am Ende aus der Eurozone kommen. Dazu gibt's Euroraum-Verbraucherpreisdaten, denen am Montag Preisdaten aus Spanien und Deutschland vorausgehen. Die Woche bringt außerdem die Zinsentscheidung der US-Notenbank am Mittwoch und endet am Freitag mit dem US-Arbeitsmarktbericht.


   Deutsches BIP steigt im ersten Quartal leicht 

Die deutsche Wirtschaft dürfte im ersten Quartal leicht gewachsen sein. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte erwarten, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal um 0,1 Prozent gestiegen ist, nachdem es im vierten Quartal um 0,3 Prozent gesunken war. Hoffnungen auf einen BIP-Zuwachs macht vor allem der Anstieg der Produktion im produzierenden Sektor im Januar und Februar um 1,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal, woran der Bau mit einem Plus von 4,6 Prozent maßgeblichen Anteil hatte, die im Industrie im engeren Sinne mit einem Plus von nur 0,4 Prozent einen eher kleinen. Daten für März, wo zumindest beim Bau ein Rückschlag denkbar ist, kommen erst nach der ersten BIP-Veröffentlichung.

Destatis veröffentlicht die Daten am Dienstag (10.00 Uhr), nachdem zuvor schon BIP-Zahlen aus Frankreich (7.30 Uhr) und Spanien (9.00 Uhr) bekannt geworden sein sollten. Zusammen mit Deutschland veröffentlicht noch Italien, ehe Eurostat (11.00 Uhr) mit den Zahlen für die Eurozone herauskommt. Erwartet wird ein BIP-Anstieg um 0,1 Prozent. Nach der Stagnation im vierten Quartal und einem Minus von 0,1 Prozent im dritten hätte sich die Eurozone damit weiter von einer Rezession entfernt, als die meisten Beobachter das angesichts der starken Zinsanhebungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) vermutet hätten.

Das senkt für sich genommen den Druck auf die EZB, ihre Zinsen zu senken. Es wird interessant sein, zu sehen, ob die Entwicklung der Verbraucherpreise der EZB Argumente für einen Zinsschritt im Juni liefert.


   Euroraum-Inflationsdruck stagniert im April 

Der Inflationsdruck im Euroraum dürfte im April trotz gestiegener Energiepreise stagniert haben. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte erwarten, dass die Verbraucherpreise gegenüber dem Vormonat um 0,6 Prozent gestiegen sind und um 2,4 (März: 2,4) Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats lagen. Ausschlaggebend dürfte der Rückgang der Kernteuerung auf 2,7 (2,9) Prozent gewesen sein, der der stärkeren Teuerung bei Energie entgegenwirkte. Die Europäische Zentralbank (EZB) achtet derzeit vor allem auf die Entwicklung der Kernteuerung.

Beeinflusst werden die Erwartungen für diese Veröffentlichung noch von Daten aus Deutschland (Montag, 14.00 Uhr), wobei um 10.00 Uhr schon Zahlen von sechs Statistischen Landesämtern kommen. Erwartet wird, dass der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) mit einer Jahresrate von 2,2 (2,3) Prozent gestiegen ist.


   Die Fed wartet ab 

Die Federal Reserve dürfte ihre Zinsen nach dem FOMC-Meeting am Dienstag und Mittwoch unverändert lassen. Der Leitzins liegt aktuell bei 5,25 bis 5,50 Prozent. Die Finanzmärkte und die meisten Ökonomen haben ihre Erwartungen für die erste Zinssenkung der Fed von Juni auf September verschoben und rechnen jetzt mit höchstens zwei Zinssenkungen anstelle der von den Währungshütern bisher avisierten drei Senkungen. Die aktuelle Sitzung wird keine Aktualisierung der Projektionen beinhalten, da diese Prognosen nur bei jeder zweiten Sitzung angepasst werden. Daher dürfte die anstehende Sitzung nur relativ wenige neue Informationen für die Märkte bringen. Die geldpolitischen Beschlüsse werden um 20.00 Uhr veröffentlicht, die Pressekonferenz mit Fed-Chairman Jerome Powell beginnt um 20.30 Uhr.


   US-Arbeitsmarkt trotz straffer Geldpolitik robust 

Der US-Arbeitsmarkt dürfte im April trotz der straffen Zinspolitik der Federal Reserve robust geblieben sein. Ökonomen erwarten nach dem Factset-Konsens ein Stellenwachstum von 200.000 (Vormonat: 303.000) und eine stabile Arbeitslosenquote von 3,8 Prozent. Für die Stundenlöhne wird ein Zuwachs um 0,3 (0,3) Prozent im Monats- und ein Plus von 4,1 (4,1) im Jahresvergleich vorhergesagt. Trotz höherer Inflation und höherer Zinsen haben sich die Konsumausgaben in den USA dank des robusten Arbeitsmarktes bisher gut gehalten. Auch erwarten die meisten Finanzmarktteilnehmer und Ökonomen keine Zinssenkung mehr für Mai, Juni oder Juli. Je stärker der Arbeitsmarkt bleibt, desto langsamer sinkt die Inflation und desto später dürfte die Fed mit Zinssenkungen reagieren. Das Arbeitsministerium veröffentlicht die Daten am Freitag (14.30 Uhr).

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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(END) Dow Jones Newswires

April 26, 2024 10:17 ET (14:17 GMT)