Frankfurt (Reuters) - Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hält es noch nicht für ausgemacht, ob die EZB nach ihrer Serie von Zinsanhebungen bereits auf dem Zinsgipfel angelangt ist.

"Haben wir den Höhepunkt der Zinsen bereits gesehen? Das ist noch nicht klar", sagte Nagel am Freitag auf dem European Banking Congress in Frankfurt laut Redetext. Eine Inflation im Oktober von 2,9 Prozent und eine Kernrate von 4,2 Prozent, in der die schwankungsanfälligen Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak ausgeklammert sind, seien weiterhin zu hoch. Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt eine Teuerung von zwei Prozent als Optimalwert für die Wirtschaft im Euroraum an.

"Wir müssen die Preisstabilität wiederherstellen", sagte Nagel. Derzeit sei es zu früh, einen Sieg über die Inflation zu verkünden. "Auf jeden Fall dürfen wir die Geldpolitik nicht lockern, bis wir absolut sicher sind, dass wir dauerhaft zur Preisstabilität zurückkehren", so Nagel. Die Schlüsselzinsen der EZB seien inzwischen auf Niveaus, die einen erheblichen Beitrag zur Erreichung des Inflationsziels leisten würden. "Vorausgesetzt, sie werden für einen ausreichenden Zeitraum auf diesen Niveaus gehalten", fügte er hinzu.

Die EZB hatte im Oktober nach zehn Zinserhöhungen in Folge eine Zinspause beschlossen. Der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, wurde bei 4,00 Prozent belassen - das höchste Niveau seit dem Beginn der Währungsunion 1999. Noch im Juni 2022 hatte der Satz bei minus 0,50 Prozent gelegen. Die nächste EZB-Zinssitzung ist am 14. Dezember.

Nagel ging auch auf die jüngste Diskussion um eine mögliche Anhebung der Mindestreserve-Anforderungen für Geschäftsbanken ein. Die Mindestreserve-Anforderung sei ein bewährtes geldpolitisches Instrument, führte er aus. Zu diesem Zeitpunkt sehe er keinen Grund, eine moderate Erhöhung auszuschließen, um die Effizienz der Geldpolitik zu verbessern. "Nur zur Erinnerung, in den ersten dreizehn Jahren des Euro betrug die Mindestreservequote zwei Prozent." Geldhäuser im Euro-Raum sind verpflichtet, einen bestimmten Geldbetrag auf ihrem Konto bei der jeweiligen nationalen Notenbank zu halten. Aktuell liegt diese unverzinste Mindestreserve für Geschäftsbanken bei einem Prozent der Kundeneinlagen.

Aus den Banken gab es bereits heftige Kritik an solchen Überlegungen zur Verschärfung der Anforderungen. Eine Erhöhung der Mindestreserve würde die finanzielle Belastung für die Banken weiter verschärfen und ihre Kreditvergabemöglichkeiten einschränken, hatte Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing im Oktober gewarnt. Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann hatte Ende September vorgeschlagen, die Mindestreserve sogar auf fünf bis zehn Prozent zu anzuheben.

(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)