FRANKFURT (Dow Jones)--Deutschlands 100 umsatzstärkste Unternehmen haben im fast abgelaufenen Jahr einer Studie zufolge erneut fast allesamt "Rekordumsätze" erwirtschaftet. Allerdings konnte nur etwas mehr als die Hälfte auch den operativen Gewinn steigern, die operativen Gewinnmargen gaben leicht nach. Die Beschäftigung legte 2022 wieder leicht zu, nach einem leichten Rückgang im Vorjahr. Für 2023 ist der Ausblick allerdings "zurückhaltend" - es werde Stellenabbau geben, wenn auch nicht umfassend und flächendeckend. Denn die Unternehmen wollten vermeiden, bei verbesserter Auftragslage nur mit Schwierigkeiten gut qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Das ergab eine Analyse der Entwicklung der 100 umsatzstärksten börsennotierten Unternehmen Deutschlands (ohne Banken und Versicherungen) im Zeitraum Januar bis September 2022 durch die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY.

"Wir werden in den kommenden Monaten mehr Restrukturierungs- und Kostensenkungsmaßnahmen sehen", so Henrik Ahlers, Vorsitzender der Geschäftsführung von EY Deutschland. "Den Unternehmen bleibt angesichts stark gestiegener Einkaufs- und Energiepreise nichts anderes übrig, um wettbewerbsfähig zu bleiben und Mittel freizumachen für kostspielige anstehende Investitionen". Allerdings würden die Unternehmen "so weit wie möglich" auf Stellenstreichungen verzichten. "Der Bedarf an hochqualifizierten Mitarbeitenden ist heute größer denn je", sagte Ahlers.

Ende September beschäftigten die untersuchten Unternehmen laut EY weltweit 4,3 Millionen Menschen, 1,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. 2022 stockten 66 Prozent der Unternehmen die Belegschaft auf. 2021 war noch ein Beschäftigungsrückgang von 1,5 Prozent verzeichnet worden.

Den Umsatz haben laut EY insgesamt in den ersten drei Quartalen 2022 von den 100 Konzernen fast alle - 93 Prozent - gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesteigert. Insgesamt legte der Umsatz um 30 Prozent auf 1,78 Billionen Euro zu, so EY.


Herausforderungen: globale Lieferketten, Halbleitermangel, Energiepreise 

Die drei großen Herausforderungen des Jahres - gestörte Lieferketten, Halbleitermangel und steigende Energiepreise - hätten sich unterschiedlich auf die einzelnen Branchen ausgewirkt. Die weltweit gestörten Lieferketten hätten zu hohen Frachtraten geführt, von denen Logistikunternehmen unterm Strich profitierten und den Umsatz um insgesamt 44 Prozent steigerten. Der Chipmangel und die daraus folgende Strategie, vorrangig margenstarke Modelle anzubieten und auf Rabatte zu verzichten, bescherte den Autokonzernen trotz gesunkener Absatzzahlen ein Umsatzplus von 13 Prozent. Die im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine massiv gestiegenen Kosten für Energie sorgten für Umsatzsteigerungen bei Energieversorgern von insgesamt 125 Prozent.


Sonderfall Uniper: höchster Umsatz, höchster Verlust 

Uniper war hierbei allerdings ein Sonderfall: Der Konzern erwirtschaftete im bisherigen Jahresverlauf mit 213 Milliarden Euro den höchsten Umsatz aller börsennotierten Unternehmen, verzeichnete mit rund 45 Milliarden Euro aber auch den höchsten Verlust.

Beziehe man Uniper ein, sank der Gesamtgewinn aller 100 Unternehmen im Vorjahresvergleich um 16 Prozent auf 100 Milliarden Euro, so EY. Uniper herausgerechnet, ergibt sich hingegen ein Rekordgewinn von 145 Milliarden Euro.

Den operativen Gewinn (EBIT) konnten allerdings nur 52 der 100 Unternehmen steigern, bei 48 ergab sich ein Rückgang. Die kumulierte operative Gewinnmarge (EBIT-Marge) verschlechterte sich leicht - ohne Uniper auf 9,3 Prozent von 9,8 Prozent, mit Uniper auf 5,6 Prozent von 8,8 Prozent. Sie lag aber immer noch deutlich über dem Vor-Corona-Niveau von 2019 von 6,9 Prozent ohne Uniper bzw 6,7 Prozent mit Uniper.

Bei der Höhe der Gewinne lagen nach neun Monaten erneut die Autobauer vorn: Volkswagen (17,1 Milliarden Euro) vor Mercedes Benz (15,0 Milliarden Euro). Die Nr. 3 allerdings war Hapag-Lloyd (14,2 Milliarden Euro).

Bei der operativen Gewinnmarge führte allerdings Biontech mit 71,7 Cent Gewinn je umgesetzten Euro, gefolgt von Hapag-Lloyd (53,2 Prozent) und K+S (31,1 Prozent). Insgesamt hatten aber die Unternehmen mehrheitlich (71 Prozent) eine EBIT-Marge unter 10 Prozent.

Bei der Zahl der Beschäftigten lag Volkswagen auf Platz 1 (646.000), vor der Deutschen Post (539.000) und Fresenius (320.000).

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December 27, 2022 04:44 ET (09:44 GMT)