Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Rally an den europäischen Börsen ist erst einmal gestoppt. Am Dienstag fiel der DAX um 1,3 Prozent auf 14.388 Punkte. Der Euro-Stoxx-50 gab 1,4 Prozent auf 3.789 Punkte ab. Nach den deutschen Verbraucherpreisen sind nun auch die Inflationsdaten aus der Eurozone insgesamt höher ausgefallen als erwartet: Im Mai lag die Inflationsrate bei 8,1 Prozent, damit ist sie so hoch wie noch nie seit Einführung der Gemeinschaftswährung. Damit nahm die Spekulation auf eine straffere Geldpolitik weiter zu.

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird nach Meinung des slowakischen EZB-Ratsmitglieds Peter Kazimir ihren Leitzins im Juli um 25 Basispunkte anheben. "Wir werden diesen Schritt im Juli gehen", so Kazimir. Er meint, im September könne der Einlagensatz dann um einen halben Prozentpunkt erhöht werden, also um 50 Basispunkte. An den Märkten waren bisher je 25 Basispunkte im Juli und im September erwartet worden.

Andererseits wollten Marktteilnehmer die Entwicklung im DAX auch nicht überbewerten: Der DAX habe zuletzt die 14.600er Marke getestet und damit den einzigen noch verbliebenen Widerstand auf dem Weg zur Zone um 15.000 Punkte. "Nach 1.200 Punkten Plus im DAX innerhalb von nur 3 Wochen ist da ein Rücksetzer normal", sagte ein Händler.


   Ölpreis lässt nicht auf fallende Inflationsdaten hoffen 

Sorgen bereitete indes auch der erneute Anstieg des Ölpreises auf über 123 Dollar für die Sorte Brent. Treiber war der EU-Beschluss für ein weitreichendes Embargo gegen russische Öl-Importe. Die Einigung bezieht sich auf Importe per Schiff, Öl-Lieferungen per Pipeline sollen dagegen zunächst weiter erlaubt sein, weil Ungarn eine hohe Abhängigkeit von russischem Pipeline-Öl aufweist und sich gegen einen Bann verwahrte.

Der Index der Öl- und Gasaktien schloss 0,4 Prozent im Plus. Auch Hersteller von Konsumgütern des täglichen Bedarfs sowie Nahrungsmittel- und Getränkekonzerne standen auf der Gewinnerseite. Grund war die gute Stimmung für Unilever, die 9,4 Prozent gewannen. Die Analysten von RBC werteten die Ernennung des aktivistischen Investors Nelson Peltz zum nicht-geschäftsführenden Vorstandsmitglied positiv. Es werde erwartet, dass er Veränderungen in Unternehmenskultur, Vergütung und Struktur vorantreibe, wie er es zuvor bei Procter & Gamble getan habe.

Auf der Verliererseite stachen Reise- und Freizeit-Aktien, Technologietitel und Einzelhandelswerte mit Abschlägen ihrer Stoxx-Branchen-Indizes von bis zu 2,4 Prozent heraus. Aber auch Finanzdienstleister und Banken zeigten deutliche Minus-Zeichen. Deutsche Bank fielen um 2,6 Prozent und DWS um 5,7 Prozent. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die DWS jetzt wegen des Anfangsverdachts eines Kapitalanlagebetrugs. Dabei geht es vermutlich um frühere Vorwürfe, die DWS habe den Anteil "grüner" Investments zu hoch angesetzt, was als "Greenwashing" bezeichnet wird.

Credit Suisse (CS Group) fielen um 5,1 Prozent. Im Handel wurde auf einen Kreise-Bericht von Reuters verwiesen, dem zufolge die Schweizer zur Stärkung der Bilanz unter anderem die Option einer Kapitalerhöhung prüften. Eine Sprecherin der Bank hat allerdings mitgeteilt, es gebe keine solchen Pläne.

Größter DAX-Verlierer waren Delivery Hero mit einem Minus von 4,5 Prozent. Die Aktien des Essenslieferanten müssen ihren DAX-Platz im Juni voraussichtlich an Beiersdorf abgeben, auch wenn sich Delivery Hero auf der Schlussgeraden noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Hellofresh um den Klassenerhalt geliefert hat. Hellofresh verloren 3,9 Prozent.

Auf der Gewinnerseite stachen Porsche mit einem Plus von 2,6 Prozent heraus. Generell hielten sich Autohersteller und auch Daimler Truck deutlich besser als der DAX, wohl auch wegen des Endes der Lockdowns in Teilen Chinas, wie es am Markt hieß.


   Chemie-Branche mit Lanxess im Fokus 

Besonders im Blick stand auch die Chemie-Branche mit Lanxess (+11,2%). Der Spezialchemie-Konzern und die Beteiligungsgesellschaft Advent gründen ein Gemeinschaftsunternehmen für Hochleistungskunststoffe. Dazu übernehmen sie das DSM-Engineering-Materials-Geschäft für rund 3,7 Milliarden Euro, Lanxess bringt seinen Bereich High Performance Materials ein. Lanxess will sich damit entschulden und Aktien für bis zu 300 Millionen zurückkaufen.

Auch DSM zogen deutlich um 8 Prozent an. DSM nutzt den Mittelzufluss für den Zusammenschluss mit dem Schweizer Duft- und Geschmacksstoffe-Hersteller Firmenich. Firmenich sei ein Wettbewerber von Givaudan oder Symrise, hier entstehe ein neues Schwergewicht im Sektor, hieß es im Handel. Entsprechend fielen Symrise um 3,3 Prozent und Givaudan um 3,7 Prozent.


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Index                  Schluss-  Entwicklung  Entwicklung   Entwicklung 
.                         stand      absolut         in %          seit 
.                                                          Jahresbeginn 
Euro-Stoxx-50          3.789,21       -52,41        -1,4%        -11,9% 
Stoxx-50               3.672,16       -15,08        -0,4%         -3,8% 
Stoxx-600                443,35        -3,22        -0,7%         -9,1% 
XETRA-DAX             14.388,35      -187,63        -1,3%         -9,4% 
FTSE-100 London        7.594,72        -5,34        -0,1%         +2,9% 
CAC-40 Paris           6.468,80       -93,59        -1,4%         -9,6% 
AEX Amsterdam            712,88        +4,54        +0,6%        -10,7% 
ATHEX-20 Athen         2.156,90        +0,48        +0,0%         +0,7% 
BEL-20 Brüssel         3.894,33       -53,40        -1,4%         -9,7% 
BUX Budapest          39.397,41      +646,23        +1,7%        -22,3% 
OMXH-25 Helsinki       4.859,16       -91,82        -1,9%        -11,1% 
ISE NAT. 30 Istanbul   2.837,57       +22,08        +0,8%        +40,1% 
OMXC-20 Kopenhagen     1.692,09       -15,63        -0,9%         -9,2% 
PSI 20 Lissabon        6.294,98       -37,48        -0,6%        +12,4% 
IBEX-35 Madrid         8.851,50       -79,30        -0,9%         +1,6% 
FTSE-MIB Mailand      24.505,08      -303,57        -1,2%         -9,3% 
OBX Oslo               1.178,51       +12,16        +1,0%        +10,3% 
PX  Prag               1.309,88       -10,37        -0,8%         -8,1% 
OMXS-30 Stockholm      2.043,13       -32,64        -1,6%        -15,6% 
WIG-20 Warschau        1.842,93       -15,67        -0,8%        -18,7% 
ATX Wien               3.326,46       -35,17        -1,0%        -12,9% 
SMI Zürich           11.611,38      -124,88        -1,1%         -9,8% 
 
DEVISEN               zuletzt      +/- %  Di, 8:01 Uhr  Mo, 17:31 Uhr   % YTD 
EUR/USD                1,0732      -0,4%        1,0747         1,0782   -5,6% 
EUR/JPY                137,97      +0,3%        137,46         137,49   +5,4% 
EUR/CHF                1,0272      -0,5%        1,0318         1,0323   -1,0% 
EUR/GBP                0,8501      -0,2%        0,8522         0,8519   +1,2% 
USD/JPY                128,56      +0,7%        127,91         127,50  +11,7% 
GBP/USD                1,2624      -0,2%        1,2611         1,2659   -6,7% 
USD/CNH (Offshore)     6,6773      +0,1%        6,6724         6,6717   +5,1% 
Bitcoin 
BTC/USD             32.117,63      +1,0%     31.626,96      30.577,73  -30,5% 
 
ROHÖL                 zuletzt  VT-Settl.         +/- %        +/- USD   % YTD 
WTI/Nymex              117,07     115,07         +1,7%           2,00  +60,9% 
Brent/ICE              123,37     121,67         +1,4%           1,70  +62,4% 
 
METALLE               zuletzt     Vortag         +/- %        +/- USD   % YTD 
Gold (Spot)          1.843,33   1.856,57         -0,7%         -13,24   +0,8% 
Silber (Spot)           21,74      21,97         -1,1%          -0,23   -6,8% 
Platin (Spot)          967,98     962,00         +0,6%          +5,98   -0,3% 
Kupfer-Future            4,32       4,30         +0,3%          +0,01   -3,1% 
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May 31, 2022 12:05 ET (16:05 GMT)