Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Nach einer festeren Eröffnung geben die europäischen Börsen am Dienstagnachmittag wieder deutlich nach. Der DAX verliert 1 Prozent auf 12.673 Punkte, der Euro-Stoxx-50 gibt um 0,9 Prozent auf 3.468 Punkte nach. Gedrückt wird die Stimmung von deutlich steigenden Zinsen und Renditen. Mit dem starken Anstieg der deutschen Erzeugerpreise hat die Zinsspekulation in der Eurozone noch einmal zugenommen. Zudem hat die schwedische Notenbank den Leitzins unerwartet stark um 100 Basispunkte erhöht. Darin sehen einige Marktteilnehmer ein "böses Omen" für die gerade anlaufende 2-tägige Sitzung der US-Notenbank. Hier wird ebenfalls überwiegend nur eine Leitzinserhöhung um 75 Basispunkte erwartet, ein noch größerer Schritt aber nicht ausgeschlossen.

Unter Druck stehen vor allem Technologietitel, Bauaktien, Rohstoffwerte und Industrietitel. Der Stoxx-Branchenindex der Immobilien-Aktien verliert mit knapp 5 Prozent Minus am stärksten. Gewinner der steigenden Zinsen sind die Banken, deren Stoxx-Subindex um 0,3 Prozent zulegt. Besonders die Kurse der skandinavischen Banken legen nach der schwedischen Zinserhöhung deutlich zu.


   Deutsche Erzeugerpreise mit stärkstem Anstieg seit Beginn der Datenreihe 

Als "unfassbaren Preishammer" tituliert Jens-Oliver Niklasch von der LBBW den Anstieg der Erzeugerpreise gegenüber dem Vormonat um 7,9 Prozent - die höchste Rate seit Beginn der Datenreihe 1949. Sie lagen um 45,8 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Grund waren abermals die Energiepreise. Aber dieses Mal nicht nur Öl oder Gas, sondern auch noch Strom. Die Unternehmen würden nur einen Teil der Preisanstiege an ihre Kunden überwälzen können. Aber selbst dieser Rest werde die Inflation weiter befeuern. "Das alles verheißt nichts Gutes für die Inflation. Sie ist gekommen, um zu bleiben."

Die Zins-Futures deuteten am Montagnachmittag mit einer Wahrscheinlichkeit von 82 Prozent darauf hin, dass die Fed die Zinssätze um 75 Basispunkte anheben wird, und auf eine 18-prozentige Chance, dass die US-Notenbank die Zinsen um 100 Basispunkte erhöhen wird, so die CME Group.

"Wir befürchten, dass die Fed uns mit einer weiteren Jumbo-Anhebung überraschen könnte", sagt Florian Ielpo, Leiter der Makroabteilung bei Lombard Odier Investment Managers. Die Warnungen der Unternehmen in der vergangenen Woche deuteten darauf hin, dass "wir sehr wohl am Beginn der US-Rezession stehen". Auf der anderen Seite meinen die Analysten von JP Morgan, dass der Markt nach dem Ausverkauf der vergangenen Woche die Talsohle erreicht haben könnte. Aufgrund der robusten Unternehmensgewinne, des ausgeprägten Pessimismus der Anleger und Anzeichen dafür, dass die Fed die Inflationserwartungen zu dämpfen vermag, "wäre jeder Abwärtstrend von hier aus begrenzt", heißt es weiter.


   Auch Henkel im Minus - gutes Interesse am Porsche-IPO 

Im DAX stehen Henkel im Blick. Der Konzern hat im Rahmen seines Kapitalmarkttages (CMD) die Prognose für das organische Umsatzwachstum im laufenden Jahr auf 5,5 bis 7,5 Prozent nach zuvor 4,5 bis 6,5 Prozent angehoben. Die Anhebung kommt nicht ganz überraschend. Berenberg hatte im Ausblick auf den CMD bereits geschrieben, dass das Unternehmen das Ziel auf das obere Ende der Spanne anheben könnte. Die Aktie ist nach anfänglichen Gewinnen trotzdem ins Minus gerutscht und verliert 1,4 Prozent.

Größte Verlierer im DAX sind Vonovia und Heidelbergcement mit Abschlägen von jeweils knapp 4 Prozent. Auf der anderen Seite ziehen Porsche Holding um 4,9 Prozent an und VW um 0,2 Prozent. Im Handel wird von einem guten Interesse an dem Börsengang der Porsche AG berichtet. Das Buch für die Aktien des Sportwagenherstellers sei schon überzeichnet, heißt es. Dabei läuft die Zeichnungsfrist noch bis zum 28. September.


   Air France-KLM und Fraport fest - Lenzing brechen ein 

Im MDAX steigen Fraport um 2,1 Prozent, die Analysten von Barclays haben die Aktien auf Übergewichten hochgestuft. In Paris gewinnen Air France-KLM 3,9 Prozent, der Luftfahrtkonzern spricht von starken Nachfrage und will die Kapazitäten Richtung Vorpandemie-Niveau hochfahren.

Die Aktie von Lenzing bricht um 20,4 Prozent ein, nachdem das Unternehmen am Vorabend die Ergebnisprognose 2022 aufgrund eingeschränkter Prognosesicherheit und hoher Volatilität der Energie- und Rohstoffmärkte kassiert hat. "Wir werden in den kommenden Tagen und Wochen wohl noch einige Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe sehen, die ihre Prognosen mit Verweis auf die Energie- und Rohstoffkosten zurücknehmen", befürchtet ein Marktteilnehmer.


   Kingfisher nach Halbjahreszahlen unter Druck 

Nach den Halbjahreszahlen geht es für Kingfisher um 2,7 Prozent nach unten. Der Vorsteuergewinn von 474 Millionen Pfund entspricht praktisch exakt der Prognose von 475 Millionen Pfund. Allerdings wurde beim Umsatz mit 6,81 Milliarden Pfund die Prognose von 6,88 Milliarden nicht ganz erreicht. Stören könnten sich die Anleger auch an dem unsicheren Ausblick. Kingfisher hat mitgeteilt, dass der flächenbereinigte Umsatz von August bis zum 17. September um 0,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr gefallen ist. Die Konsumenten schränken aufgrund der grassierenden Inflation zunehmend ihren Verbrauch ein.


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Aktienindex              zuletzt        +/- %       absolut       +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           3.468,04        -0,9%        -31,45          -19,3% 
Stoxx-50                3.433,42        -0,6%        -19,72          -10,1% 
DAX                    12.673,01        -1,0%       -130,23          -20,2% 
MDAX                   23.696,03        -1,1%       -274,30          -32,5% 
TecDAX                  2.762,64        -1,6%        -44,82          -29,5% 
SDAX                   11.177,66        -1,7%       -197,35          -31,9% 
FTSE                    7.197,91        -0,5%        -38,77           -2,0% 
CAC                     5.986,28        -1,2%        -75,31          -16,3% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                    absolut         +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       1,94                      +0,14           +2,12 
US-Zehnjahresrendite        3,57                      +0,08           +2,06 
 
DEVISEN                  zuletzt        +/- %  Di, 8:05 Uhr  Mo., 17:06 Uhr    % YTD 
EUR/USD                   0,9975        -0,5%        1,0016          1,0013   -12,3% 
EUR/JPY                   143,38        -0,2%        143,62          143,50    +9,6% 
EUR/CHF                   0,9649        -0,2%        0,9676          1,0363    -7,0% 
EUR/GBP                   0,8751        -0,2%        0,8772          0,8774    +4,2% 
USD/JPY                   143,74        +0,4%        143,42          143,24   +24,9% 
GBP/USD                   1,1398        -0,3%        1,1416          1,1417   -15,8% 
USD/CNH (Offshore)        7,0273        +0,3%        7,0173          7,0065   +10,6% 
Bitcoin 
BTC/USD                18.915,97        -3,2%     19.338,90       19.307,13   -59,1% 
 
ROHÖL                    zuletzt  VT-Settlem.         +/- %         +/- USD    % YTD 
WTI/Nymex                  84,41        85,73         -1,5%           -1,32   +18,9% 
Brent/ICE                  90,90           92         -1,2%           -1,10   +22,9% 
GAS                               VT-Settlem.                       +/- EUR 
Dutch TTF                 184,70       182,26         +1,3%           +2,43  +187,1% 
 
METALLE                  zuletzt       Vortag         +/- %         +/- USD    % YTD 
Gold (Spot)             1.664,49     1.676,10         -0,7%          -11,61    -9,0% 
Silber (Spot)              19,15        19,63         -2,4%           -0,48   -17,9% 
Platin (Spot)             921,50       923,15         -0,2%           -1,65    -5,1% 
Kupfer-Future               3,53         3,54         -0,4%           -0,01   -20,4% 
 
YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags 
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September 20, 2022 09:57 ET (13:57 GMT)