FRANKFURT (Dow Jones)--Nach dem kräftigen Plus der vergangenen Tage geht es an den europäischen Börsen am Mittwochnachmittag etwas nach unten. Der steile Anstieg von fast 500 Punkten vom Tief zum Hoch am Vortag erfordere eine Atempause, heißt es im Handel. Der DAX verliert in einem weiter nervösen Handel 0,8 Prozent auf 13.205 Punkte, der Euro-Stoxx-50 gibt um 0,6 Prozent nach auf 3.566 Zähler.

Generell zeigt sich aber Erleichterung über die vermutete Wiederaufnahme der russischen Gaslieferungen. Am Morgen hieß es vom Nordstream-Unternehmen, die Wartungsarbeiten verliefen so weit normal und ungestört. Der russische Gaskonzern Gazprom wird laut Russlands Präsident Wladimir Putin seine Verpflichtungen "in vollem Umfang" erfüllen. Die Nachrichtenlage könne allerdings jederzeit umschlagen, gibt ein Händler zu bedenken. Noch stehe die Erholung auf wackeligen Beinen.

CMC Markets bemerkt dennoch, die Situation sei "genauso verfahren" wie vor den Spekulationen. "Auch wenn der GAU vorerst ausbleiben dürfte, bedeutet das nicht, dass sich die deutsche Wirtschaft nun wieder auf dem aufsteigenden Ast befindet", sagt Analyst Jochen Stanzl. Die Liste an Unwägbarkeiten aus Energieabhängigkeit, zu hoher Inflation, einer Geldpolitik, der wegen der Fragmentierung in der Eurozone ein Stück weit die Hände gebunden seien, und geopolitischen Krisen sei zu lang, um einen nachhaltigen Aufschwung zu ermöglichen.


   Inflation auf extrem hohen Niveau rückläufig 

Etwas in den Hintergrund treten zunächst Inflationssorgen. Die deutschen Erzeugerpreise sind im Juni um 32,7 Prozent zum Vorjahr gestiegen. Damit setzte sich die Reihe rasanter Preissprünge jenseits der 30-Prozent-Marke zwar fort, zugleich war der Anstieg aber erstmals seit langem wieder niedriger als noch im Vormonat. Zudem hatten Ökonomen sogar mit 33,9 Prozent gerechnet.

In den Fokus tritt nun die Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank am morgigen Donnerstag. Nachdem es lange Zeit ausgemachte Sache zu sein schien, dass eine Zinsanhebung um 25 Basispunkte auf der Agenda steht, wird nun ein großer Schritt um 50 Basispunkte nicht ausgeschlossen. Laut Commerzbank werden aktuell 37 Basispunkte Erhöhung eingepreist. Mit einer Erhöhung um 0,25 Prozentpunkt würde der Einlagesatz für Banken unverändert im negativen Bereich bleiben, was nicht wenige Marktteilnehmer wegen der hohen Inflation für unangemessen halten.


   Italienische Renditen sinken nach Draghi-Rede 

Italienische Staatsanleihen reagieren positiv auf die Ausführungen von Ministerpräsident Mario Draghi vor dem italienischen Parlament. Draghi strebt eine Fortsetzung seiner bisherigen Regierung an. Als Voraussetzung dafür forderte er vor dem Senat einen neuen "Vertrauenspakt" zwischen den Parteien. Dies sei der "einzige Weg, um zusammenzubleiben", sagte er. Die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen fiel zunächst deutlich, legt in der Zwischenzeit um 2 Basispunkte auf 3,44 Prozent. Der Aktienmarkt in Mailand zeigt sich mit 1,5 Prozent im Minus.


   Konjunkturwerte mit Gas im Fokus - Uniper weiter aufwärts 

Angesichts der Entspannung der Gas-Liefersorgen werden vor allem konjunkturzyklische Aktien als Gewinner gesehen. Nach der Vortagsrally geben gleichwohl beispielsweise Chemiewerte nach (-0,6%). Hier drückt auch das Minus von Akzo Nobel, der Kurs verliert 2,2 Prozent. Bei dem Unternehmen machten sich höhere Kosten negativ in den Zweitquartalszahlen bemerkbar. Trotz besserer Umsatzzahlen lag der Gewinn unter der Markterwartung.

Uniper setzen die kräftige Erholung mit plus 14,7 Prozent fort. "Sollte das russische Gas wieder fließen und die Einkaufspreise zurückgehen, dürfte der Kurs weiter hohes Erholungspotenzial haben", so ein Marktteilnehmer. Dazu helfen Berichte über eine anstehende Sicherung der Liquidität durch den Staat dem Kurs. Die Aktie der Mutter Fortum gewinnt 3,3 Prozent.


   Conti überzeugt bei Umsatz und EBIT 

Continental hat im zweiten Quartal etwas mehr umgesetzt und operativ verdient als erwartet. Auf Basis der überraschend vorgelegten Eckzahlen lief erneut der hochprofitable Reifenbereich in den drei Monaten außerordentlich gut. Im Unternehmensbereich Automotive fiel dagegen ein operativer Verlust an. Den im April gesenkten Ausblick für das laufende Jahr bekräftigte der im DAX notierte Autozulieferer. Die bereinigte EBIT-Marge lag mit 4,4 über den von den Analysten erwarteten 4,2 Prozent, bemängelt wird an der Börse allerdings die Entwicklung im Cashflow. Für die Aktie geht es um 0,3 Prozent zurück.

Hellofresh drehen ins Minus und sacken um rund 9 Prozent ab, nachdem das Unternehmen am Nachmittag seine Jahresprognose gesenkt hat.

ASML drehen dagegen leicht ins Plus. Der Zulieferer der Halbleiterindustrie hat zwar den Umsatzausblick gesenkt. Allerdings sei das eher ein Timing-Problem, die Zahlen zum abgelaufenen Quartal seien sowohl auf der Umsatz- als auch auf der Gewinnseite stark, und die Margenentwicklung entspreche den hohen Erwartungen, heißt es.

Kaum für Kursbewegung sorgen neue Zahlen des Autozulieferers Hella (-0,4%). Sie sind laut Citigroup etwas schwächer als erwartet ausgefallen. Sowohl beim Umsatz als auch beim operativen Gewinn seien die Erwartungen verfehlt worden. Nach Einschätzung der Analysten unterstreicht die Margenentwicklung die Probleme der Autozulieferer. Der Kurs der Mutter Faurecia gibt ebenfalls leicht nach.


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Aktienindex              zuletzt       +/- %     absolut  +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           3.565,80       -0,6%      -21,64     -17,0% 
Stoxx-50                3.541,13       -0,6%      -20,96      -7,3% 
DAX                    13.204,99       -0,8%     -103,42     -16,9% 
MDAX                   26.512,23       -0,0%       -3,30     -24,5% 
TecDAX                  2.962,56       -0,4%      -11,32     -24,4% 
SDAX                   12.424,35       -0,0%       -1,92     -24,3% 
FTSE                    7.273,25       -0,3%      -23,03      -2,2% 
CAC                     6.169,87       -0,5%      -31,35     -13,7% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                 absolut    +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       1,23                   -0,04      +1,41 
US-Zehnjahresrendite        2,97                   -0,05      +1,46 
 
DEVISEN                  zuletzt       +/- %    Mi, 8:37  Di, 17:25   % YTD 
EUR/USD                   1,0218       -0,1%      1,0232     1,0239  -10,1% 
EUR/JPY                   141,07       -0,2%      141,26     141,10   +7,8% 
EUR/CHF                   0,9908       -0,0%      0,9920     0,9913   -4,5% 
EUR/GBP                   0,8529       +0,1%      0,8527     0,8515   +1,5% 
USD/JPY                   138,05       -0,1%      138,29     137,81  +19,9% 
GBP/USD                   1,1982       -0,2%      1,1998     1,2025  -11,5% 
USD/CNH (Offshore)        6,7578       +0,2%      6,7565     6,7469   +6,4% 
Bitcoin 
BTC/USD                23.754,71       +0,4%   23.635,89  22.818,02  -48,6% 
 
ROHOEL                   zuletzt   VT-Settl.       +/- %    +/- USD   % YTD 
WTI/Nymex                 102,93      104,22       -1,2%      -1,29  +42,6% 
Brent/ICE                 105,57      107,35       -1,7%      -1,78  +40,9% 
GAS                               VT-Schluss                +/- EUR 
Dutch TTF                 153,63      154,60       -0,5%      -0,83  +41,5% 
 
METALLE                  zuletzt      Vortag       +/- %    +/- USD   % YTD 
Gold (Spot)             1.709,03    1.711,75       -0,2%      -2,72   -6,6% 
Silber (Spot)              18,91       18,75       +0,8%      +0,16  -18,9% 
Platin (Spot)             871,25      878,00       -0,8%      -6,75  -10,2% 
Kupfer-Future               3,36        3,29       +2,1%      +0,07  -24,4% 
 
YTD zu Vortagsschluss 
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Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

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July 20, 2022 10:03 ET (14:03 GMT)