FRANKFURT (Dow Jones)--Die europäischen Aktienmärkte können sich von ihren Tiefs deutlich erholen und notieren am Mittwochnachmittag nur knapp im Minus. Die Nachrichtenlage verändert sich nahezu stündlich, der Handel verläuft hektisch und mit sehr großen Schwankungen. Per se sind die Aussichten für die Eurozone weiterhin nicht gut, an der Börse wird eine Rezession mit Blick auf die unsichere Energieversorgung nun langsam eingepreist. Der DAX fiel am Morgen erst einmal auf 11.863 und damit auf Jahrestief. Die Banken und Stahlwerte wurden massiv abverkauft und machen auch die aktuelle Erholung nicht mit.

Diese löste die Nachricht aus, dass die Bank of England am Anleihenmarkt interveniert, also britische Staatsanleihen kauft. Dort gab es seit Freitag letzte Woche einen massiven Preisverfall, der sich auch auf die anderen Anleihemärkte in Europa auswirkte. Mit der Ankündigung der Notenbank stabilisieren sich nicht nur die Bondmärkte und legen im Tagesverlauf deutlich zu, auch die Aktien legen reflexartig zu. Denn ihnen wird hier durch eine Notenbank wieder Liquidität zugeführt, nicht entzogen. Dies wird sofort an der Börse gefeiert. Wie lange, das ist sicherlich die Frage, denn das Quantitative Tightening ist nur verschoben. Der DAX notiert kaum verändert bei 12.125 Punkten. Der Euro-Stoxx-50 handelt 0,6 Prozent tiefer bei 3.318 Zählern. Der Euro notiert mit 0,9614 etwas fester zum Dollar.

Die europäischen Gaspreise legen zu. Am niederländischen TTF verteuert sich der Frontmonat um 6 auf 197,80 Euro je Megawattstunde. Marktteilnehmer sprechen von einer wieder wachsenden Nervosität an den Gasmärkten. Einen Grund lieferte, dass Russland laut Bloomberg mitgeteilt hatte, auch die Gaslieferungen über die Ukraine könnten bald eingestellt werden. Bereits am Dienstag hatten Lecks an den Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 die Gaspreise steigen lassen. Damit sei die zumindest theoretisch bestehende Möglichkeit, dass über eine der beiden Pipelines im Laufe des Winters Gas nach Europa geliefert werden könnte, nun nicht mehr gegeben.


   Miese Verbraucherstimmung, weiter steigende Inflation 

Die Verbraucher in Deutschland befinden sich in einer veritablen Depression, fasst Robert Greil, Chefstratege bei Merck Finck, die aktuelle Situation zusammen. Das GfK-Konsumklima sei auf den tiefsten Stand seit Beginn der Umfrage im Jahr 1991 eingebrochen. Dies liege vor allem am ebenfalls neuen Rekordpessimismus der befragten Konsumenten hinsichtlich ihrer Einkommenserwartungen. Um Vorsorge für stark erhöhte Strom- und Gasrechnungen zu treffen, schränken die Verbraucher zudem ihren Konsum bei nicht dringend benötigten Gütern immer weiter ein.

Greil glaubt nicht, dass die Konsumenten kurzfristig aus diesem Tal der Tränen herauskommen. Im Gegenteil: Die während der Corona-Pandemie von vielen Verbrauchern aufgebauten überschüssigen Ersparnisse seien nach der Sommerurlaubs-Saison bereits weitgehend aufgebraucht. Daher dürften zunehmend neue Rücklagen zur Bezahlung für die deutlich höher befürchteten Heizkostenabrechnungen gebildet werden.


   Pharmasektor von Alzheimer-Studie gestützt - Morphosys haussieren 

Gegen die schwächere Tagestendenz liegen Pharmaaktien gut im Markt, der europäische Sektor-Index legt um 1,3 Prozent zu. Im Handel heißt es, die Stimmung werde gestützt von einer positiven Phase-III-Studie für ein mögliches Alzheimer-Medikament von Eisai und Biogen. Dieses basiere auf einer monoklonalen Antikörper-Behandlung. Auch Roche arbeitet an einem Präparat mit einem von Morphosys generierten Alzheimer-Antikörper. Roche gewinnen 3,4 Prozent, für Morphosys geht es um 18 Prozent steil nach oben.


   Aktien der Zuchtlachskonzerne kollabieren 

Für die Aktien der großen Zuchtlachskonzerne geht es bergab, so verlieren die Aktien von Mowi 19 Prozent, Salmar sogar um 29 Prozent. Hier belastet die Meldung, dass die norwegische Regierung die Einführung einer Ressourcensteuer auf die Lachs- und Forellenzucht in Höhe von 40 Prozent ab dem Steuerjahr 2023 für Mengen über 4.000/5.000 Tonnen plant. Mit diesem Vorschlag wird der Gesamtsteuersatz für die Lachs- und Forellenzucht dann auf 62 Prozent steigen. Auch wenn es sich bisher um einen Vorschlag handelt, der noch vom Parlament genehmigt werden muss, gehen die Anleger zunächst in Deckung.

Die Commerzbank (-3,4%) muss für ihre polnische Tochter mBank die Risikovorsorge erhöhen, hat aber die Prognose für das Konzernergebnis von mehr als 1 Milliarde Euro im Geschäftsjahr 2022 bestätigt. Die Commerzbank sei eine Mittelstandsbank, und der Mittelstand sei ganz besonders hart von der Energiekrise betroffen, heißt es im Handel. Der Sektor der europäischen Banken gehört mit einem Minus von 2,1 Prozent zu den größten Verlierer.

Weiter erfolgreich gestaltet sich der Börsengang von Porsche. Der Ausgabepreis dürfte im Tagesverlauf am oberen Ende der Spanne von 76,50 bis 82,50 Euro festgelegt werden. Im Handel ist von einer immensen Nachfrage die Rede. Die Erstnotiz an der Frankfurter Börse ist für Donnerstag geplant.


=== 
Aktienindex              zuletzt        +/- %     absolut  +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           3.322,64        -0,2%       -6,01     -22,7% 
Stoxx-50                3.335,63        +0,2%        8,22     -12,6% 
DAX                    12.128,18        -0,1%      -11,50     -23,7% 
MDAX                   22.172,03        -0,8%     -170,57     -36,9% 
TecDAX                  2.657,85        +0,1%        2,72     -32,2% 
SDAX                   10.471,65        -0,5%      -51,57     -36,2% 
FTSE                    6.994,21        +0,1%        9,62      -5,4% 
CAC                     5.740,12        -0,2%      -13,70     -19,8% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                  absolut    +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       2,19                    -0,04      +2,37 
US-Zehnjahresrendite        3,85                    -0,09      +2,34 
 
DEVISEN                  zuletzt        +/- %    Mi, 8:34  Di, 17:12    % YTD 
EUR/USD                   0,9594        -0,0%      0,9566     0,9618   -15,6% 
EUR/JPY                   138,74        -0,1%      138,40     139,27    +6,0% 
EUR/CHF                   0,9459        -0,6%      0,9521     1,0104    -8,8% 
EUR/GBP                   0,8986        +0,5%      0,8958     0,8922    +6,9% 
USD/JPY                   144,58        -0,1%      144,69     144,72   +25,6% 
GBP/USD                   1,0676        -0,5%      1,0679     1,0786   -21,1% 
USD/CNH (Offshore)        7,2189        +0,5%      7,2362     7,1820   +13,6% 
Bitcoin 
BTC/USD                19.116,98        +0,7%   18.790,73  20.208,82   -58,7% 
 
ROHOEL                   zuletzt  VT-Settlem.       +/- %    +/- USD    % YTD 
WTI/Nymex                  79,69         78,5       +1,5%      +1,19   +13,2% 
Brent/ICE                  87,20        86,27       +1,1%      +0,93   +17,9% 
GAS                               VT-Settlem.                +/- EUR 
Dutch TTF                 197,50       186,10       +6,1%     +11,40  +240,3% 
 
METALLE                  zuletzt       Vortag       +/- %    +/- USD    % YTD 
Gold (Spot)             1.650,55     1.629,08       +1,3%     +21,47    -9,8% 
Silber (Spot)              18,64        18,48       +0,9%      +0,16   -20,1% 
Platin (Spot)             855,53       852,45       +0,4%      +3,08   -11,9% 
Kupfer-Future               3,32         3,31       +0,5%      +0,02   -25,0% 
 
YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags 
=== 

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/thl/err

(END) Dow Jones Newswires

September 28, 2022 10:13 ET (14:13 GMT)