Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Nach dem sehr schwachen Start in die Woche setzen die europäischen Börsen am frühen Dienstag zu einer Erholung an, die aber auf wackligen Beinen steht. Rückenwind kommt von den Futures auf die US-Aktienindizes, die auf eine Erholung an der Wall Street hindeuten. Dort war am Montag wegen eines Feiertags nicht gehandelt worden. Der DAX steigt um 1,0 Prozent auf 12.892 Punkte. der Euro-Stoxx-50 verbessert sich um 0,6 Prozent auf 3.511 Punkte. Die Marktbreite ist gut, fast alle europäischen Stoxx-Branchenindizes liegen mehr oder weniger deutlich im Plus. Angeführt wird die Erholung von den Aktien aus dem Einzelhandel und den Reise- und Freizeit-Titeln, deren Indizes etwa 2,5 Prozent gewinnen. Aber auch der Index der Autoaktien schlägt sich mit einem Plus von 2 Prozent gut. Deutlich im Minus liegt dagegen der Index der Öl- und Gaswerte, der mit fallenden Energiepreisen um 2,0 Prozent nachgibt.

Für etwas Erleichterung am Gesamtmarkt sorgt vor allem die Entwicklung beim Gaspreis. Nachdem Gazprom am Freitagabend angekündigt hatte, bis auf Weiteres kein Gas mehr durch Nord Stream 1 zu liefern - offiziell wegen eines Lecks - war der Preis am Montag in der Spitze um über 30 Prozent nach oben geschossen und letztlich 17 Prozent höher aus dem Handel gegangen. Aktuell zeigt die Tendenz weiter nach unten, der Preis fällt um 11,2 Prozent auf 218,50 Euro je Megawattstunde. Auch die Ölpreise kommen wieder zurück, ein Barrel der Nordseesorte Brent kostet mit 92,67 Dollar 3,2 Prozent weniger als am Montagabend.


   Entwicklung um Porsche Sportwagen und DAX-Veränderungen im Blick 

Im DAX steigen VW um 3,3 Prozent. Die Gremien haben am Montag die Weichen für den Börsengang der Porsche Sportwagen gestellt. Vorbehaltlich eines nicht zu schlechten Marktumfelds wird der Börsengang für Ende September oder Anfang Oktober angepeilt. Die Aktien der Porsche Holding - die den VW-Konzern kontrolliert - verändern sich nur wenig.

An der Spitze im DAX liegen Hellofresh mit einem Plus von 4,6 Prozent. Sie müssen am Abend des 17. September ihren Platz im DAX für Siemens Energy räumen und steigen in den MDAX ab. Der Kurs hatte vor der Entscheidung am Montagabend bereits deutlich nachgegeben. Das Plus von Hellofresh wird aber auch mit der guten Vorlage von Delivery Hero begründet. Diese gewinnen mit einer Kaufempfehlung durch Morgan Stanley 8,5 Prozent. Im Fahrwasser legen auch Deliveroo in London deutlich zu.

Siemens Energy gewinnen mit dem Wiederaufstieg in den DAX 2,8 Prozent.

Auch Zalando legen mit einem Plus von 4,3 Prozent deutlich zu. Der Titel kann seinen DAX-Platz dieses Mal noch verteidigen. Er ist nun aber schwächstes DAX-Mitglied und könnte schon im Dezember aus dem deutschen Leitindex absteigen, wenn die neuen Aktien der Porsche Sportwagen AG dann die Aufstiegskriterien für den DAX erfüllen.

Uniper - die nun aus dem MDAX absteigen - verlieren 5,9 Prozent. MDAX-Aufsteiger Adtran gewinnen 3,6 Prozent, der IT-Dienstleister steigt auch in den TecDAX auf, in den auch Nordex zurückkehrt.


   Was liefert die EZB: 50 oder 75 Basispunkte? 

Derweil rückt der mit Spannung erwartete Zinstermin der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag immer näher. Die Erwartungen des Marktes sind geteilt, sowohl für eine Erhöhung um 50 als auch 75 Basispunkte ließen sich gute Gründe anführen, heißt es im Handel. Während die drohende Rezession für kleine Zinsschritte spreche, wäre wegen der exorbitanten Inflation aber eher ein großer Schritt angemessen.

Am Anleihemarkt waren die Renditen am Montag deutlich gestiegen und steigen aktuell weiter, wenn auch nur leicht. Dahinter dürften Spekulationen über einen doch eher größeren Zinsschritt stehen. Eine Argumentation lautete am Vortag, weil eine Rezession ohnehin kaum zu vermeiden scheine, dürfte die EZB nur ein kleines Zeitfenster für höhere Zinsen haben zur Bekämpfung der Inflation und dieses daher umso entschlossener nutzen. Die deutsche Zehnjahresrendite ist seit Freitag von 1,51 auf 1,60 Prozent gestiegen. Der Euro ist weiter auf Erholungskurs und nähert sich nach einem fast 20-Jahrestief am Vortag wieder der Parität zum Dollar an.

Der Rückgang der deutschen Auftragseingänge um 1,1 Prozent zum Vormonat passt in das Rezessionsszenario. Chef-Volkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank erwartet schwere kommende Monate. Der Stopp russischer Gaslieferungen mache eine Energierationierung wahrscheinlich. "Selbst Unternehmen die bislang noch guter Dinge waren, bekommen in solch einem Umfeld dann doch noch kalte Füße. Investitionen werden zurückgestellt, was den Auftragseingang belastet".

Konjunkturseitig kommen am Nachmittag Daten aus den USA, allen voran der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungsbereich. Am Montag waren die Revisionen der entsprechenden Einkaufsmanagerindizes der Eurozone schwach ausgefallen.


   Wieder Streik bei Lufthansa 

Bei der Lufthansa spitzt sich der Tarifkonflikt mit den Piloten zu. Die Piloten-Gewerkschaft Vereinigung Cockpit hat ab Mittwoch Streiks im Passagier- und Frachtgeschäft angekündigt. Die könnten allerdings noch verhindert werden, wenn es bei einem Verhandlungstermin am Dienstag Erfolge geben sollte. Lufthansa legen mit dem breiten Markt um 1,3 Prozent zu.


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Aktienindex              zuletzt        +/- %     absolut  +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           3.511,03        +0,6%       21,02     -18,3% 
Stoxx-50                3.513,73        +0,4%       12,59      -8,0% 
DAX                    12.891,69        +1,0%      130,91     -18,8% 
MDAX                   25.125,60        +1,8%      456,31     -28,5% 
TecDAX                  2.938,87        +1,2%       34,69     -25,0% 
SDAX                   11.741,40        +1,1%      123,28     -28,5% 
FTSE                    7.303,07        +0,2%       15,64      -1,3% 
CAC                     6.123,76        +0,5%       30,54     -14,4% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                  absolut    +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       1,48                    -0,08      +1,66 
US-Zehnjahresrendite        3,25                    +0,05      +1,74 
 
DEVISEN                  zuletzt        +/- %    Di, 8:40  Mo, 17:11    % YTD 
EUR/USD                   0,9930        -0,2%      0,9960     0,9924   -12,7% 
EUR/JPY                   140,76        +0,7%      140,59     139,46    +7,6% 
EUR/CHF                   0,9743        +0,1%      0,9754     1,0191    -6,1% 
EUR/GBP                   0,8580        -0,3%      0,8603     0,8622    +2,1% 
USD/JPY                   141,75        +0,9%      141,18     140,53   +23,1% 
GBP/USD                   1,1574        +0,1%      1,1576     1,1509   -14,5% 
USD/CNH (Offshore)        6,9730        +0,4%      6,9498     6,9421    +9,7% 
Bitcoin 
BTC/USD                19.931,39        +0,8%   19.850,45  19.899,55   -56,9% 
 
ROHÖL                    zuletzt  VT-Settlem.       +/- %    +/- USD    % YTD 
WTI/Nymex                  86,55        86,87       -0,4%      -0,32   +22,0% 
Brent/ICE                  92,67        95,74       -3,2%      -3,07   +25,3% 
GAS                               VT-Settlem.                +/- EUR 
Dutch TTF                 218,50       245,93      -11,2%     -27,43  +292,6% 
 
METALLE                  zuletzt       Vortag       +/- %    +/- USD    % YTD 
Gold (Spot)             1.711,42     1.712,14       -0,0%      -0,73    -6,5% 
Silber (Spot)              18,27        18,21       +0,3%      +0,06   -21,6% 
Platin (Spot)             848,80       852,95       -0,5%      -4,15   -12,5% 
Kupfer-Future               3,47         3,42       +1,3%      +0,05   -21,7% 
 
YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags 
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Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

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September 06, 2022 07:00 ET (11:00 GMT)