Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Chancen auf ein Ende der Konsolidierung am deutschen Aktienmarkt sind gut. Die jüngste Verschnaufpause mit einem Rücksetzer des DAX von in der Spitze 700 Punkten dürfte nun wieder in steigende Kurse münden. Die Zutaten für eine weitere Aufwärtswelle sind mit der Weichenstellung der EZB in der Geldpolitik und der anstehenden Dividendensaison angerichtet. Zudem könnten von der Berichtssaison nun positive Überraschungen kommen.

Die EZB hat die Erwartung einer ersten Zinssenkung im Juni fest verankert. Das stützt die Hoffnung auf einen geldpolitisch erzeugten konjunkturellen Aufschwung in der Eurozone. Zugleich zeichnet sich die sehr seltene Entwicklung ab, dass in diesem Zyklus die EZB die Leitzinsen vermutlich vor der US-Notenbank senken wird. Zudem dürfte die US-Notenbank aufgrund der vergleichsweise starken Konjunktur und vergleichsweise hartnäckigen Inflation mit Leitzinssenkungen zögerlicher verfahren als die EZB. Das spricht für einen tendenziell festeren Dollar. Von diesem wiederum sollten besonders die exportorientierten Titel des deutschen Aktienmarkts profitieren.

Die Dividendensaison mit der Dividendenrendite im DAX von 3 Prozent spricht zumindest für Dividendenkäufe in fallende Kurse hinein. Die DAX-Unternehmen schütten die Rekordsumme von 53 Milliarden Euro aus, und viele Unternehmen wie die Autotitel oder die Versicherer haben nach wie vor deutlich überdurchschnittliche Renditen. Aber auch im gesamten DAX liegt die Dividendenrendite nach wie vor deutlich über der Rendite 10-jähriger Bundesanleihen von 2,4 Prozent.


   Berichtssaison könnte positiv überraschen 

Die Erwartungen an die Berichtssaison zum ersten Quartal sind bestenfalls als moderat zu bezeichnen. Laut Bank of America erwartet der Konsens für den Stoxx-600 einen Gewinnrückgang im Jahresvergleich um 14 Prozent. Das liegt vor allem an der Öl- und Gasbranche, "für die der jüngste Aufwärtsschub bei den Ölpreisen zu spät gekommen ist", so die Anlagestrategen der Bank of America. Daneben ist das Bild uneinheitlich. Besonders positiv abgeschnitten haben sollten die Finanzwerte, die auch stark von der Erwartung profitieren, dass die Zinssenkungen langsamer durchgeführt werden als noch vor einigen Monaten angenommen. Und für den DAX wird laut CMC Markts mit einem Gewinnplus von 4 bis 5 Prozent gerechnet.

Im Blick stehen wie üblich auch und vor allem die Ausblicke der Unternehmen, auch weil mit ihnen die Hoffnung verbunden ist, dass die negativen Gewinnrevisionen zu Ende gehen. Der Konsens für den DAX geht laut Commerzbank aktuell von umgerechnet 1.430 Gewinnpunkten aus nach 1.466 Punkten zum Jahresbeginn. Für den Stoxx-600 erwartet der Konsens laut Bank of America im Gesamtjahr ein Plus von 5 Prozent. Positive Überraschungen in der Berichtssaison sollten möglich sein, auch weil Frühindikatoren wie der ifo bereits nach oben gedreht haben.

Aus technischer Sicht zeichnet die jüngste Konsolidierung das Bild einer Flagge, die bei einem Anstieg über den Konsolidierungsabwärtstrend bei aktuell 18.207 laut den technischen Analysten von HSBC Trinkaus beendet würde. Aus technischer Sicht wäre dann zunächst ein Anlauf Richtung Allzeithoch denkbar.

Im Blick stehen in der kommenden Woche unter anderem die US-Einzelhandelsumsätze, die Wirtschaftsentwicklung in China, der Konjunkturindex der Notenbankfiliale in Philadelphia und der Konjunkturbericht der US-Notenbank, das so genannte Beige Book. In Deutschland werden Daten zur Erzeugerpreisentwicklung veröffentlicht. Zahlen gibt es in Europa unter anderem von Ericsson, Beiersdorf, LVMH, Rio Tinto, ASML, Sartorius, Nokia, Essilor-Luxottica und L'Oreal. Am Freitag tanzen dann die Hexen auf dem Parkett, auch wenn es sich nur um einen kleinen Verfall an den Terminbörsen handelt.

DJG/hru/cln

(END) Dow Jones Newswires

April 12, 2024 05:14 ET (09:14 GMT)