FRANKFURT (Dow Jones)--Mit bullishem Blick gehen Händler in die kommende Woche. Neue Allzeithochs im DAX werden nun wieder für möglich gehalten. Denn die zeitweise überkochende Stimmung an den Börsen aus dem Spätfrühling hat sich sowohl in Europa als auch an Wall Street zumeist normalisiert. Die Gefahr einer Blasenbildung wird nun nicht mehr als so extrem angesehen.

Hilfreich dabei ist die weiter lockere Geldpolitik weltweit. Die EZB hat sich bereits taubenhaft erklärt, nun wird kommende Woche ähnliches von der US-Notenbank erwartet.

Dazu stützt fundamental auch der gute Verlauf der Berichtssaison. Auf Unternehmensebene sind Ausreißer nach unten selten. In den USA haben rund ein Fünftel der Firmen im S&P-500-Index bereits ihre Daten vorgelegt und ein gesundes Bild der Wirtschaft gezeichnet. Dies dürfte die Märkte auch jetzt noch stabilisieren, wo das Momentum aus der globalen Nach-Corona-Erholung herausgeht.


   Kein Ende der Geldschwemme trotz Inflation - Fed im Fokus 

Klarer Kurstreiber der Börsen ist die lockere Geldpolitik. Die Zentralbanken gehen dabei rund um den Globus immer drastischer vor und schieben das Ziel der Geldwertstabilität in den Hintergrund. Inflation mag als Problem der normalen Bevölkerung gesehen werden, für die Notenbanker ist es das nicht.

Patrice Gautry, Chefvolkswirt von Union Bancaire Privee (UBP), sagt dazu: "Die Inflation macht der EZB keine Angst mehr, sie wird 'aggressiv' akkommodierend bleiben". Sogar, wenn einige Banken wie in Lateinamerika bereits mit Anhebungen planen. Gautry rechnet daher mit "lebhaften Debatten" auf den nächsten Sitzungen. Denn es sei klar, dass eine solche Aggressivität keinen Konsens unter den Gouverneuren erzeugen kann. Die Inflation dürfte daher in den kommenden Monaten weiter steigen.

Bei der anstehenden Fed-Sitzung wird Inflation keine große Rolle spielen, meint Tiffany Wilding, US-Analystin vom Vermögensverwalter Pimco. Der Anstieg der US-Verbraucherpreise (CPI) dürfte nur geringe Auswirkungen auf das Ergebnis der Sitzung haben. Das wahrscheinlichste Ergebnis ist nach Wildings Meinung, dass die Erwartungen einer Ankündigung des Tapering im Dezember bestätigt werden. Es bestehe kein Zweifel daran, dass die Inflation substanziell stark genug gestiegen ist, um eine Reduzierung der Anleihekäufe zu rechtfertigen.


   Wachstumsabschwächung im Fokus - Ifo und China-Daten 

Während es also auf der Geldseite gut aussieht für Aktien, blicken Anleger etwas skeptischer auf die Zukunft der Konjunktur. Denn die Nach-Corona-Erholung der Weltwirtschaft sei nun eingepreist, stellt Brian Nick, Chief Investment Strategist bei Nuveen, fest. Nun müssten Anleger neu denken, sie müssen sich mit einer Verlangsamung des Wachstumstempos auseinandersetzen.

Die Erwartungen an die Erholung würden nun von der Realität eingeholt, besonders in den USA. "Was passiert nun, wo die größte Volkswirtschaft der Welt ihre Fähigkeit verloren hat, uns zu überraschen?", sagt Nick. Aktuell sei man auf dem Höhepunkt des Wirtschaftswachstums oder kurz davor. Das Produktionsniveau bleibe zwar hoch, doch die Wachstumsrate habe bereits begonnen zu fallen.

Für Aktienanleger heißt das in der kommenden Woche, auf weitere Konjunkturdaten genau zu achten, so den Ifo-Index am Montag. Die jüngsten Einkaufsmanager-Indizes vom Freitag lassen noch hoffen, dass er gut ausfällt und weiteres Wachstum anzeigt. Der PMI der Eurozonen-Industrie sprang auf 62,6 an. Wie schnell der Wind aber drehen kann, zeigten Daten zum Service-PMI aus Australien, der fast auf 44 nach 57 Punkten einbrach.

Zwar hatte Australien schon früh eine Sonderkonjunktur wegen ihrer China-abhängigen Minenindustrie, aber auch in Großbritannien lagen die PMIs schon unter Erwarten. Beide Länder gelten als sensible Frühindikatoren. Den Höhepunkt erfährt die Woche daher nach vielen BIP-Zahlen zum zweiten Quartal erst am Samstag mit den CFLP-Einkaufsmanager-Daten für China. Sollte es hier zu deutliche Anzeichen einer Abschwächung geben, dürften es auch die Aktienmärkte nicht mehr weiter nach oben schaffen.

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July 23, 2021 07:14 ET (11:14 GMT)