Von Michael Denzin

FRANKFURT (Dow Jones)--Eine prall gefüllte Woche liegt vor DAX & Co und damit jederzeit die Chance auf einen Kursausschlag in die eine oder andere Richtung. Denn von der kräftig anziehenden Berichtssaison über Konjunkturdaten bis hin zu den Notenbanksitzungen ist alles dabei. Für Profianleger entsteht dann wieder die oft undankbare Situation, neue Informationen auf Makro- mit denen der Mikroebene von Unternehmensseite gleichzeitig in einen Aktienkurs einpreisen zu müssen.

Denn das aktuelle Datenmaterial lässt das Angstthema "Stagflation" wieder etwas in den Hintergrund treten. Die neuen Einkaufsmanager-Indizes zeigen in Europa, dass die Wirtschaft selbst mit den bekannten Problemen der Lieferkette noch einen Tick stärker läuft als erwartet. Der Eurozonen-PMI lag mit 58,5 Punkten für die Industrie fast auf Vormonatsniveau und zeigte nicht die erwartete Delle. Der deutsche Industrie-PMI sprang mit 58,2 sogar fast zwei volle Punkte über die Erwartung.


   Auf Ausreden der EZB gespannt 

Für Freunde des lockeren Gelddruckens sind das natürlich schlechte Nachrichten: Der EZB bleiben damit immer weniger Ausreden, sich vor der Realität zu drücken und zumindest das völlig unangemessene Anleihekaufprogramm einzustellen. Der Markt bereitet sich bereits darauf vor und treibt die Renditen sukzessive nach oben. Ob dies reicht, um die Inflation zu bremsen, ist allerdings fraglich: So explodierten in Deutschland die Erzeugerpreise um 14,2 Prozent zum Vorjahr - das war der höchste Anstieg seit 1974.

Dass die EZB ihrer eigentlichen Aufgabe der Geldwertstabilität nicht mehr nachkommen will, ist ein offenes Geheimnis. Stattdessen findet über Themen wie "grüne Bonds" und Arbeitsmarkt eine Fokussierung der Notenbank auf Modethemen statt, für die sie bei ihrer Gründung nicht das geringste Mandat erhalten hat.


   Geldwertstabilität Ade... 

Dass Noch-Bundesbank-Chef Jens Weidmann nun das Handtuch geworfen hat, werten viele Marktteilnehmer als Menetekel. Besonders, da seine Amtszeit noch bis 2027 laufen sollte. Die Zeit der "alten" Bundesbank mit Tugenden wie streng getrennter Fiskal- und Geldpolitik dürfte vorbei sein. Die Aufgabe von Maastricht-Kriterien und der Beginn einer Schuldenunion könnten nun schnell folgen. Die Aufweichung der Inflationskriterien durch die EZB zeigte bereits, wie gleichgültig der Notenbank die Probleme der Normalbürger mit explodierenden Preisen sind. Mit Spannung blickt der Markt daher auf die EZB-Sitzung der kommenden Woche: Dass sie die Inflationssorgen der Bevölkerung wahrnimmt, erwartet indes kaum jemand.

Einiges hängt noch davon ab, wer den Posten von Jens Weidmann nachbesetzen wird. Jedoch dürften warnende Stimmen wie von ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann in der Politik kaum Gehör finden: "Wenn Deutschland eine geldpolitische Taube in den EZB-Rat schicken würde, wäre das fatal", warnte er. Und Marktstratege Tomasz Wieladek von T. Rowe Price erwartet gerade von den Kandidaten der neuen Bundesregierung nichts anderes: "Jede dieser Ernennungen würde jedoch im Vergleich zu Präsident Weidmann einen eher lockeren geldpolitischen Kurs vertreten und mehr im Einklang mit der EZB-Politik stehen".


   Volle Fahrt in die Berichtssaison 

Für die Aktienbörsen sind das wiederum gute Nachrichten. Denn wenn es sowohl auf Wirtschaftsseite runder als erwartet und gleichzeitig auch noch eine völlig unnötige lockere Geldpolitik läuft, ist genügend Brennstoff für steigende Kurse vorhanden. Aktien sind ja zum Teil auch eine Fluchtwährung, um das Geld vor der Entwertung zu retten.

Die Berichtssaison dürfte kommende Woche das Vertrauen in die Aktienunternehmen fördern. Denn das dritte Quartal läuft gut. In den USA haben z.B. die tatsächlich erzielten Gewinne der S&P-500-Firmen die Erwartungen um rund 12 Prozent übertroffen. Die Chancen stehen also gut, dass besonders die Technologieriesen wie Apple, Amazon, Google, Microsoft und andere in der kommenden Woche besser als erhofft abschneiden.

Und auch in Europa legen erste Schwergewichte Geschäftszahlen vor, so wie der Autokonzern Stellantis. Im DAX kommen Daten von VW und Daimler sowie BASF, Deutsche Bank, Linde und Airbus. Und bei den Konjunkturdaten stehen so mit die wichtigsten Daten an: So die ersten BIP-Daten aus den USA und den Ländern der Eurozone zum dritten Quartal. Und aus Deutschland, der EU und anderen Staaten werden die Verbraucherpreise (CPI) gemeldet.

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October 22, 2021 08:08 ET (12:08 GMT)