Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Chancen auf eine DAX-Erholung in der kommenden Woche sind gut. Der DAX dürfte sich über der 13.000er Marke festsetzen und Richtung 13.400 oder sogar Richtung August-Hoch bei gut 13.900 vorstoßen. Gestützt wird die Stimmung von den niedrigeren Rohstoff- und Energiepreisen, mit denen die langfristigen Renditen die jüngste Aufwärtswelle wieder beendet haben. Der Aktienmarkt der Eurozone wird außerdem durch die Stabilisierung des Euro für Anleger aus dem angloamerikanischen Raum wieder attraktiver. Den stärksten und größten Impuls dürften in der kommenden Woche die US-Verbraucherpreise liefern.

Sie werden am Dienstag veröffentlicht. Erwartet wird, dass die US-Verbraucherpreise im August um 0,1 Prozent gesunken sind. "Die US-Inflation hat den Gipfel überschritten", sagt Commerzbank-Volkswirt Bernd Weidensteiner. Die Jahresinflationsrate dürfte nach seiner Berechnung im August auf 8,1 Prozent gefallen sein von 8,5 Prozent im Juli und 9,1 Prozent im Juni.

Zwar warnt die Commerzbank davor, die Inflation werde "hartnäckig hoch bleiben", die Kernrate in den USA dürfte im August sogar auf 6,2 Prozent gestiegen sein. Und auch für die Eurozone beziehungsweise für Deutschland sei es für eine Entwarnung zu früh.

Andererseits zeigen die Bremsmanöver der Zentralbanken bereits Wirkung: Die Bautätigkeit in Deutschland geht deutlich zurück, und Konsumwerte wie Zalando dümpeln an den Mehrjahrestief herum. Mit der von der Regierung geplanten und für beide Tarifpartner äußerst attraktiven Möglichkeiten von steuer- und abgabenfreien Einmalzahlungen bis zu 3.000 Euro dürfte die Gefahr von Zweitrundeneffekten stark nachlassen.

Die Energiepreise werden aufgrund von Basiseffekten zwischen Januar und März kommenden Jahres aus derzeitiger Sicht stark auf die Inflationsraten drücken. Die große Frage ist damit, ab wann die Märkte diese stark fallenden Inflationsraten und damit ein Ende der Bremsmanäver der Notenbanken eskomptieren. Denn erst dann dürfte die Sicherheit zunehmen, dass der DAX die Baisse-Tiefs hinter sich hat.


  Risikofaktor Berichtssaison 

Und das könnte noch dauern, möglicherweise bis zum Ende der Berichtssaison für das dritte Quartal. Mit dieser sind aufgrund der hohen Erzeugerpreise und der rezessiven Tendenzen in der Konjunktur tendenziell schwache Unternehmensberichte zu erwarten. Zwar ist der DAX aktuell mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp 11 sehr günstig bewertet, das könnte sich aber mit Gewinnwarnungen und mit fallenden Gewinnschätzungen ändern.

Von daher ist ein deutlicher Anstieg über 14.000 Punkte hinaus eher unwahrscheinlich. Ein Rutsch auf neue Jahrestiefs, der erfahrungsgemäß einen weiteren Rückgang um etwa 1.000 Punkte auslösen dürfte, deutet sich aus derzeitiger Sicht aber ebenfalls nicht an.

Eher dürften die Marktteilnehmer mit dem verbesserten Umfeld ihre sowohl dies- als auch jenseits des Atlantiks sehr pessimistische Einstellung lockern und Positionen auf fallende Kurse auflösen, was die Erholung noch vorantreiben sollte. Sie könnte dann in einen "Trading-Markt" münden, mit einem Pendeln des DAX zwischen knapp 13.000 und knapp 14.000 Punkten.

Neben den Verbraucherpreisen werden in der kommenden Woche in den USA auch die Erzeugerpreise veröffentlicht. Am Donnerstag werden neue Daten zu den US-Einzelhandelsumsätzen bekanntgegeben sowie der wichtige Konjunkturindex der Notenbankfiliale in Philadelphia, der so genannte Philly-Fed, und außerdem neue Daten zur US-Industrieproduktion. Daten zur Industrieproduktion legt am Freitag auch China vor.

Relativ leer ist die Agenda bezüglich potenzieller Impulse von Daten aus Europa. Hier sticht in erster Linie der Zinsentscheid der Bank of England am Donnerstag heraus. Bereits am Dienstag gibt es Preisdaten aus Großbritannien und am Donnerstag aus Frankreich. In Deutschland stehen am Dienstag die ZEW-Konjunkturerwartungen auf der Liste.

DJG/hru/gos

(END) Dow Jones Newswires

September 09, 2022 05:49 ET (09:49 GMT)