Bitcoin (BTC/USD)

BTC/USD
Zonebourse/ MarketScreener

Der Kurs des Bitcoin ist seit Jahresbeginn um 68 % und seit der Pleite der Silicon Valley Bank am Freitag, dem 10. März, um 41 % gestiegen.

Eine beachtliche Reaktion der Kryptowährung, die von ihrem mysteriösen Schöpfer nach der Bankenkrise von 2009 lanciert worden war und bislang noch keine derartigen Turbulenzen zu überstehen hatte. Der Bitcoin, der eine Lösung für ein korruptes, am Tropf der massiven Interventionen der Zentralbanken hängendes Finanz- und Bankensystem versprechen soll, gewinnt in einem solchen Kontext erneut an Attraktivität. Verschiedentlich stellt sich die Frage, ob das von Krisen erschöpfte und mit systemischen Risiken behaftete Finanzsystem nicht schon an seinem Ende angelangt ist. Doch profitiert der Bitcoin von dieser Situation? Bis zu einem gewissen Grad vermutlich schon.

Der Digitalwährung und dem gesamten Kryptomarkt könnte auch die allgemeine Risikobereitschaft zugutekommen. Schließlich rechnen die Anleger mit einer Verlangsamung der Zinsschritte der US-Notenbank Fed, wie unter anderem der Anstieg des Nasdaq zeigt. Dennoch ist die derzeit allgemein angespannte Atmosphäre an den Märkten deutlich spürbar und selbst das kleinste Detail könnte die Stimmung der Anleger - auch im Kryptosegment - erbarmungslos kippen lassen. Schauen wir uns vor diesem Hintergrund das Verhalten der Akteure im Bitcoin-Netzwerk genauer an.

Gewinnmitnahmen nehmen wieder zu

Gewinnmitnahmen - BTC
Glassnode

Logischerweise neigen kurzfristig orientierte Spekulanten nach einem Anstieg um 41 % innerhalb von zehn Tagen dazu, die entstandenen Gewinne einzustreichen. Die täglichen Gewinnmitnahmen bewegen sich um die 510 Mio. USD - fast der zehnfache Betrag wie zehn Tage zuvor, als die Silicon Valley Bank die Segel streichen musste. Ähnlich hohe Gewinnmitnahmen waren zuletzt im Mai 2022 verzeichnet worden.

Zum Vergleich: Das tägliche Volumen ist weitaus geringer als die in früheren Haussephasen vereinnahmten Summen. So beispielsweise Anfang und Ende 2021, als die Akteure im Netzwerk ganze 2 bzw. 4 Mrd. USD pro Tag einkassierten. Zu beachten ist darüber hinaus, dass ein fortschreitender Aufwärtstrend am Markt immer auch von stetig zunehmenden Gewinnmitnahmen begleitet ist.

Zum besseren Verständnis werfen wir einen Blick auf die gleitende Jahressumme der realisierten Gewinne und Verluste, normalisiert auf die durchschnittlichen Kosten des Erwerbs aller im Umlauf befindlichen Bitcoins. So können wir die Marktzyklen miteinander vergleichen.

Verluste schlucken Gewinne auf Jahressicht

In der folgenden Grafik zeigen niedrigere Werte (blaue Kurve), Abwärtstrends und Tiefs an, dass innerhalb eines Jahres ein größeres Volumen an Verlusten als an Gewinnen realisiert wurde (typisch für Bärenmärkte). Betrachtet man aktuell sämtliche Gewinne und Verluste über 365 Tage, vor allem nach dem katastrophalen Jahr 2022, stellt man fest, dass diese Kennzahl ein historisches Tief erreicht hat. Diese Bereiche manifestieren sich am Ende eines Abwärtszyklus, und zwar so lange, bis die Gewinne die Verluste wieder übersteigen.

Gleitende Jahressumme Gewinne/Verluste über 365 Tage
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Befassen wir uns nun mit der Auseinandersetzung zwischen Spekulanten und langfristigen Anlegern im Netzwerk.

Spekulanten vs. langfristige Anleger: Das RHODL-Verhältnis

Die verschiedenen Zyklen des Bitcoin, die häufig vom Halving Day bestimmt werden, stellen das Gleichgewicht des BTC-Angebots dar, das sich zwischen langfristigen Anlegern und neuen Spekulanten ständig neu einstellt. Das RHODL-Verhältnis ist ein Oszillator, der einen Vergleich des USD-Vermögens, das von Einsteigern (über eine Woche) gehalten wird, mit dem der langfristigsten Anleger (zwischen ein und zwei Jahren) ermöglicht. Werfen wir einen Blick auf die Grafik und gehen dann im Detail auf das RHODL-Verhältnis ein.

 

RHODL-Ratio - BTC
Glassnode

Anstieg der Spekulation: Ein RHODL-Aufwärtstrend (roter Pfeil) deutet auf einen Anstieg des USD-Vermögens hin, das von neuen Bitcoin-Käufern gehalten wird (über eine Woche). Eine Bewegung, die typisch für das erneute Entstehen eines Bullenmarktes und für Spekulationsspitzen ist.

Anstieg der Dominanz älterer Bitcoins: Ein Abwärtstrend des RHODL-Verhältnisses (grüner Pfeil) deutet auf eine Dominanz des USD-Vermögens hin, das von Akteuren gehalten wird, die „alte“ Bitcoins besitzen (Erwerb vor ein bis zwei Jahren). Dieser RHODL-Rückgang deutet auf einen mittel- bis langfristigen Trend zur Akkumulation und zum Halten von Bitcoins hin. Mit anderen Worten: Die Bitcoins werden im Durchschnitt älter (gerechnet vom Datum ihres Erwerbs).

Wechsel der Dominanz zwischen kurzfristigen Spekulanten und langfristigen Anlegern: Ein stagnierendes RHODL-Verhältnis (blauer Pfeil) zeigt an, dass sich die Veränderungsrate zwischen der Dominanz älterer und jüngerer Bitcoins im Gleichgewicht befindet. Ein solches ist häufig in Übergangszeiten wie beispielsweise zwischen den Hochs von Verteilungsmärkten und den Tiefs von Akkumulationsmärkten zu beobachten.

Wie in der obigen Grafik erkennbar, ist aktuell seit Jahresbeginn ein deutlicher Aufschwung der Spekulation (RHODL-Anstieg) zu beobachten, was den seitherigen Anstieg des Bitcoin-Kurses zum Teil erklärt.

Durchschnittlicher Bitcoin-Investor wieder über der Gewinnschwelle

Die hier betrachtete Kennzahl berücksichtigt zwei Variablen:

  • Der realisierte Wert oder Preis (orange Kurve) ist der durchschnittliche Preis des im Umlauf befindlichen Bitcoin-Angebots. Er wird oft als „On-Chain-Kostenbasis“ des Marktes bezeichnet und liegt aktuell bei 19.887 USD.
  • Das MVRV-Verhältnis ist das Verhältnis zwischen dem aktuellen Marktwert (MV, Spotpreis = 27.950 USD) und dem realisierten Wert (RV, realisierter Wert = 19.887 USD). Diese Kennzahl bildet die Zyklen des Bitcoin-Marktes und seine Rentabilität ab.

MVRV steht für „Market Value to Realized Value“ (Verhältnis Marktwert/realisierter Wert) und ist ein Oszillator, der den durchschnittlichen nicht realisierten Gewinn/Verlust von Bitcoin-Inhabern anzeigt.

Beispiele:

  1. Ein MVRV-Wert von 2,0 bedeutet, dass der aktuelle Preis doppelt so hoch ist wie die durchschnittlichen Basiskosten des Marktes (der durchschnittliche BTC-Investor erzielt einen Multiplikator von 2).

  2. Ein MVRV-Wert von 1,0 bedeutet, dass der aktuelle Preis den durchschnittlichen Basiskosten des Marktes entspricht (der durchschnittliche BTC-Investor erreicht die Gewinnschwelle).

  3. Ein MVRV-Wert von 0,85 bedeutet, dass der aktuelle Preis 15 % unter den durchschnittlichen Basiskosten des Marktes liegt (der durchschnittliche BTC-Investor befindet sich 15 % unter der Gewinnschwelle). Ein MVRV unter 0 ist in der folgenden Grafik durch die rot markierten Flächen dargestellt.
MVRV/Realisierter Preis - BTC
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Anhand extremer MVRV-Ausschläge nach oben und unten lassen sich Perioden identifizieren, in denen der Markt überhitzt oder unterbewertet ist und die von den Anlegern erzielte Rentabilität deutlich vom Durchschnitt (realisierter Wert) abweicht. Beispielsweise lag der Spotpreis des Bitcoin zwischen dem 20. August 2022 und dem 14. Januar 2023 unter den durchschnittlichen Basiskosten des Marktes (MVRV < 1). Seither hat der durchschnittliche BTC-Investor wieder die Gewinnschwelle überschritten (MVRV > 1). Abschließend folgen nun noch einige Ausführungen zu den Transfervolumina im Netzwerk.

Wieder steigendes Transfervolumen

Der Vergleich des Umfangs und des Trends des Bitcoin-Transfervolumens im Netzwerk auf Monats- und Jahresbasis kann wertvolle Informationen liefern. Die obige Grafik vergleicht das Monatsmittel (rote Kurve) mit dem Jahresmittel (blaue Kurve) des Transfervolumens, um die relativen Veränderungen der vorherrschenden Stimmung zu beurteilen und erkennen zu können, wann sich die Trends der Aktivität im Netzwerk umkehren. Betrachten wir die Grafik zunächst etwas genauer.

Volumina auf Monats- und Jahresbasis
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Eine über der blauen Jahreskurve liegende rote Monatskurve deutet auf eine Ausweitung der Aktivität auf der Blockchain (typisch für eine Verbesserung der Fundamentaldaten des Netzwerks) sowie auf eine zunehmende Nutzung des Netzwerks hin. Liegt die rote Monatskurve dagegen unter der blauen Jahreskurve, weist dies auf eine Verringerung der Aktivität auf der Blockchain (typisch für eine nachlassende Attraktivität des Netzwerks) und auf einen Rückgang der Nutzung durch die Netzwerkakteure hin.

Wie aus der obigen Grafik ersichtlich wird, tendieren die im Netzwerk transferierten Volumina aktuell wieder aufwärts, nachdem sie Ende 2022 völlig eingebrochen waren. Im Vergleich zu den historischen Daten müssen die Volumina jedoch noch weiter steigen, um den Bitcoin in den nächsten Wochen nachhaltig zu stützen.

Letztlich ist nach der Betrachtung der oben erläuterten Kennzahlen festzustellen, dass seit Jahresbeginn neue Kapitalströme in den Bitcoin geflossen sind, was den Kursanstieg der Digitalwährung seit dem 1. Januar schlüssig erklärt. Da sich der Bitcoin in einem ganz besonderen und in seiner noch kurzen Geschichte neuen Kontext bewegt, richtet sich die Aufmerksamkeit der Marktteilnehmer im aktuell chaotischen und unsicheren Umfeld zwangsläufig auf die weitere Kursentwicklung. Diese wird auch in Zukunft mit Spannung verfolgt werden, sowohl von den Anhängern als auch von den Kritikern der Kryptowährung. Wird das Bitcoin-Flaggschiff in der schweren See der Rezession, die sich bereits aus der Ferne ankündigt, Kurs halten können?