Zürich (awp) - Der Schweizer Aktienmarkt hat die Sitzung vom Donnerstag klar im roten Bereich beendet. Nach einem lange Zeit sehr schwachen Verlauf erholten sich die Indizes gegen Handelsschluss allerdings noch deutlich, so dass der Markt klar über Tagestief schloss. Einmal mehr hätten vor allem Inflations- und Rezessionsängste die Anleger verunsichert, hiess es im Handel. Dazu seien aber auch noch die Sorgen um eine Energiekrise gekommen, welche vor allem den deutschen Markt unter Druck gesetzt hätten.

Ausserdem beeinflusste laut Händlern auch der Halbjahres-Ultimo das Geschehen: "Die Anleger wollten wohl einfach nicht ins fallende Messer greifen und vor dem Sommer noch grössere Positionen aufbauen", meinte ein Händler. Dass sich an der Abwärtsbewegung bald etwas ändert, glauben die meisten Investoren nicht. Im Gegenteil: "Langsam macht sich unter Investoren auch die Angst breit, dass immer mehr Unternehmen in dem aktuellen Umfeld ihre Prognosen kassieren müssen." Das würde dann dem Aktienmarkt wohl nochmals zusetzen.

Der SMI verlor zu Handelsschluss 0,65 Prozent auf 10'741,21 Punkte, das Tagestief lag mit 10'607 rund 135 Punkte tiefer. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, verlor 0,66 Prozent auf 1645,39 und der breite SPI 0,63 Prozent auf 13'834,34 Zähler. Von den 30 SLI-Werten gaben 26 nach und vier schlossen im Plus.

Wichtige kursbewegende Firmennews gab es am letzten Handelstag des Quartals keine. Weit oben auf den Verkaufslisten bei den Blue Chips waren erneut die Aktien der CS (-3,2%) zu finden. Nach dem Investorentag am Dienstag hatte es zahlreiche Kurszielsenkungen gegeben, am Berichtstag kamen weitere dazu. Der Tenor ist überall gleich: Vor allem die nicht enden wollenden Skandale werden als Risiko auch für die kommenden Monate und Jahre gesehen. Das neue Allzeit-Tief liegt mittlerweile bei 5,332 Franken.

Die Aktien der anderen Grossbank UBS (-1,8%) und von Julius Bär (-1,5%) hielten sich ebenfalls nicht viel besser. Die Versicherungswerte waren anfänglich ebenfalls stark unter Druck, erholten sich aber deutlicher und schlossen alle nur noch gut ein halbes Prozent im Minus.

Stärker verkauft wurden ausserdem diverse Industrietitel - allen voran Geberit (-1,9%) und Holcim (1,9%) - sowie Technologietitel wie Ams Osram (-1,8%) oder Temenos (-1,7%). Bei den SMI-Schwergewichten hielten sich Roche (-0,3%) und Novartis (-0,4%) deutlich besser als Nestlé (-0,9%).

Ohne spezifische News waren Straumann (+1,5%) bei den Blue Chips klarer Sieger des heutigen Handelstages. Aber auch Swisscom (+1,2%), Alcon (+1,0%) und Lonza (+0,9%) schafften es in den positiven Bereich.

Im breiten Markt verloren Titel wie Zehnder, Leonteq oder Coltene über 5 Prozent. Implenia (+11%) waren dagegen nach einer positiven Gewinnwarnung sehr stark gesucht.

Mit dem heutigen Handelstag ist auch das erste Semester 2022 vorbei. Es ist in Bezug auf die Marktentwicklung eines der schwächsten seit vielen Jahren. Der wichtigste Schweizer Aktienindex SMI steht nach einem halben Jahr 16,6 Prozent unter dem Stand von Ende 2021, wobei vor allem der vergangene Monat Juni mit einem Minus von 7,5 Prozent sehr schwach war. Das zweite Quartal war ausserdem das schwächste seit dem Beginn der Coronapandemie Anfang 2020.

Faktoren für die seit Wochen anhaltende Verkaufswelle gibt es viele: Neben den bereits genannten Inflations- und Rezessionsängsten waren der Ukraine-Krieg, die Restriktionen wegen Corona in China oder auch die anhaltenden Probleme mit den internationalen Lieferketten belastende Faktoren.

uh/tv