Zürich (awp) - Der Schweizer Aktienmarkt hat den Handel am Montag am Schluss klar tiefer beendet, hielt sich aber deutlich besser als andere wichtige europäische Märkte. Schlimmeres verhindern konnten die hiesigen defensiven Schwergewichte. Mit Blick auf den Dax, der um 3,7 Prozent fiel, stellten Marktbeobachter bereits die Frage, ob aus der heutigen Korrektur ein grösserer Crash resultieren werde. Zu diversen politischen Fragezeichen auf der anderen Seite des Atlantiks wie den am Dienstag nächste Woche anstehenden US-Präsidentschaftswahlen und dem weiteren Corona-Konjunkturpaket, gesellen sich in der alten Welt zusehends Sorgen um das mittlerweile nahezu unkontrolliert grassierende Coronavirus, kommentierte ein Analyst.
Die Investoren fürchten sich in Europa vor einem zweiten Lockdown. Im Sommer noch undenkbar, werde dies nun zum wahrscheinlichen Szenario, so der Marktbeobachter. Die lange Sorgenliste der Marktakteure bleibe also weiterhin bestehen, "sodass sich die dunklen Wolken am Börsenhimmel womöglich vorerst nicht verziehen werden". Dass die Stimmung etwas nervös ist, liess sich auch am Angstbarometer der Börse - dem SMI Volatilitätsindex - ablesen, der am Montag um sechs Prozent stieg.
Der SMI schloss 0,38 Prozent tiefer bei 9'985,62 Punkten, wobei die psychologisch wichtige Marke von 10'000 Punkten zeitweise auch überschritten wurde. Der SLI, der die 30 wichtigsten Werte umfasst, verlor 0,89 Prozent auf 1'539,92 und der umfassende SPI 0,57 Prozent auf 12'436,17 Zähler. Bis auf drei gaben alle 30 SLI-Werte nach.
Deutlich schwächer schlossen am Schluss Temenos (-5,5%). Dabei sei es mehr der seit längerem bestehende Abwärtstrend, der sich fortsetze, als die Gewinnwarnung des deutschen Softwarehauses SAP, die dem Genfer Bankensoftware-Spezialisten zu schaffen mache, hiess es unter Händlern. "Temenos leidet schon seit Juli unter einer ausgeprägten Schwäche", so die Aussage. Nach Geschäftszahlen und einem eingetrübten mittelfristigen Ausblick verbuchten SAP die höchsten Kursverluste seit Jahrzehnten. Die Corona-Pandemie hat Europas grössten Softwarehersteller stärker im Griff als gedacht.
Die Lockdown-Sorgen machten hierzulande derweil besonders zyklischen Werten zu schaffen. Unter Druck standen die Aktien von LafargeHolcim (-3,4%) oder der Temporärfirma Adecco (-2,9%). Trüb eingeschätzte Branchenaussichten belasteten zudem Swatch (-2,5%) und Richemont (-2,2%). Gemäss einer Umfrage ist für den Sektor noch kein Ende der Krise in Sicht. Zudem bremsten die Angst vor Lockdowns und Reiserestriktionen die Erholung.
Von den Versicherungen standen Swiss Re (-2,2%) und Swiss Life (-2,0%) oben auf den Verkaufszetteln. Bei den Banken waren Credit Suisse (-1,8%) schwach, UBS (-0,6%) hielten sich besser. Die CS wird am kommenden Donnerstag ihr Quartalsergebnis präsentieren.
Bei Roche (+0,8%) und Nestlé (+0,2%) war von Händlern hingegen von "Safe-Haven-Käufen" zu hören, was den SMI stützte. Auch die defensiven Swisscom (+0,3%) gehörten zu den wenigen Gewinnern.
Novartis (-0,2%) hielten sich - am Tag vor der Bilanzvorlage - ebenfalls besser als der Durchschnitt. Eine Mitteilung über positive Resultate mit einem Medikament in einer Phase-II-Studie zur Behandlung einer seltenen Nierenerkrankung zeigte indes kaum Auswirkungen auf den Aktienkurs.
Am breiten Markt büssten Aryzta knapp 15 Prozent auf 0,53 Franken ein, nachdem der Tiefkühlbackwarenhersteller Übernahmegespräche mit der Investmentfirma Elliot beendet hat. In der Folge strich Baader Helvea die Aktien von ihrer "Top Pick"-Liste. Er sehe keinen kurzfristigen Katalysator mehr für die Aktie, schrieb der zuständige Analyst.
Dank spekulativen Käufen verbuchten indes Aktien von kleinen Pharmafirmen wie Relief Therapeutics (+9,3%), IGEA (+5,6%) oder Kuros (+4,9%) Gewinne.
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