Zürich (awp) - Nach teilweise deutlichen Abgaben vom Vortag kommt es zur Wochenmitte auch am Schweizer Aktienmarkt zu einer Gegenbewegung. Im Zuge dieser technischen Erholung hat sich der Leitindex SMI bis auf wenige Punkte an die 10'900er Marke herangearbeitet. Auch an den Börsenplätzen Europas geht es an diesem Mittwoch zunächst aufwärts. Allerdings überwiegen die mahnenden Stimmen, die der aktuellen Bewegung denn auch nicht allzu viel Gewicht beimessen wollen. Denn zu den ohnehin schon schwergewichtigen Problemen und Risiken kämen immer neue und teilweise politische Risiken dazu, meint ein Händler. "Die Marktteilnehmer kommen dadurch nicht zur Ruhe und so werden kurz zuvor eingegangene Aktienpositionen wenig später wieder aufgelöst", erklärt der Händler weiter.

Vor allem sei derzeit das Gesamtbild nicht eindeutig und klar erkennbar. So schürten einzelne konjunkturelle Entwicklungen immer wieder die Hoffnung, dass sich die Dynamik bei der Inflationsentwicklung etwas abschwächt. Gleichzeitig drückten Zins- und Rezessionsängste immer wieder auf die Aktienkursnotierungen. Bevor am Abend die US-Notenbank Fed ihr jüngstes Sitzungsprotokoll veröffentliche, gehe er denn auch von einer nachlassenden Dynamik aus, ergänzt ein weiterer Händler. Wie es in einem weiteren Kommentar heisst, dürfte der 21. Juli einer der spannendsten Tage dieses Jahres werden - auch an der Börse. "Fliesst nach den Wartungsarbeiten von Nord Stream 1 wieder planmässig russisches Gas durch die Pipeline, dürfte dies für grosse Erleichterung sorgen; bleibt der Gashahn zu, waren die gestrigen Verluste nur eine Zwischenstation auf dem weiteren Weg nach unten." 

Der SMI gewinnt gegen 11.15 Uhr 0,99 Prozent hinzu auf 10'808,14 Punkte. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, steigt um 0,80 Prozent auf 1645,27 und der breite SPI um 0,96 Prozent auf 13'930,11 Zähler. Im SLI stehen 23 Gewinnern sieben Verlierer gegenüber.

Die festeren Technologiewerte in den USA strahlen denn auch positiv auf die hiesigen Notierungen aus. Unter den Blue Chips gewinnen Temenos, Logitech (beide +2,5%) und VAT (+1,5%) überdurchschnittlich stark hinzu. Beim Bankensoftware-Spezialisten Temenos sorgen die aktuellen Kursgewinne denn auch einmal mehr für erhöhte Aufmerksamkeit. Man frage sich, ob dahinter wieder Übernahmespekulationen stehen oder eher die positive Vorlage von der US-Technologiebörse Nasdaq der Grund dafür sei, meinen Marktteilnehmer.

Gestützt wird der Gesamtmarkt zudem von den beiden Schwergewichten Roche (+2,0%) und Nestlé (+1,5%). Novartis (+0,3%) hinken dagegen klar hinterher. Hier wirke noch ein Analystenkommentar vom Vortag etwas nach. Bei Jefferies hat sich der zuständige Analyst recht kritisch über die zuletzt kolportierten Abspaltungs-Szenarien für die Generika-Tochter Sandoz geäussert. Ein Verkauf schüfe in seinen Augen mehr Shareholder Value.

Gefragt sind zudem einige Vertreter zyklischer Branchen wie Geberit, Adecco oder auch ABB, die um bis zu 1,9 Prozent hinzugewinnen. Gerade die konjunktursensibleren Branchen haben zuletzt immer wieder unter den anhaltenden Rezessionsängsten gelitten. Denn diese schürten Gewinnängste. "Im Hinblick auf die nächste Berichtssaison dürften die Aussichten für die Unternehmensgewinne in den kommenden Quartalen von besonderem Interesse sein" kommentiert ein Stratege. Die Berichtssaison nimmt ab der kommenden Woche dann langsam Gestalt an und geht ab Mitte Monat dann richtig los.

Eher uneinheitlich entwickeln sich zur Wochenmitte die Finanzwerte. Während Partners Group mit +2,5 Prozent unter den grössten Gewinnern rangieren, sind Swiss Re, die CS, UBS und Julius Bär unter den Verlieren zu finden, wie Abgaben von bis zu 2,6 Prozent zeigen. Händler verweisen auf die zunehmenden Rezessionsängste, die sich an der Entwicklung der Renditekurve widerspiegelten. In den USA ist die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen unter diejenige der zweijährigen gefallen. Und auch in der Schweiz hat sich die Kurve seit einiger Zeit wieder merklich abgeflacht. Damit sinken auch die Zinserhöhungserwartungen.

Auch in den hinteren Reihen gehören Finanzwerte zu den schwächeren Titeln. So fallen Helvetia, Baloise und Vontobel zwischen 0,1 und 1,1 Prozent zurück. Eine Branchenstudie von Vontobel spekuliert eine schwache Branchen-Performance im ersten Semester.

Dagegen sorgt bei den Aktien der Skan Group (+7,0%) ein freundlicher Analystenkommentar für kräftig Rückenwind.

hr/tv