Zürich (awp) - Der Schweizer Aktienmarkt notiert am späten Freitagvormittag weiter deutlich im Minus und kann sich vom gestrigen Kursrutsch damit nicht erholen. Der SMI als wichtigster Index fiel im frühen Handel unter die Marke von 11'200 Punkten und bewegt sich seither klar unter dieser Marke. Nachdem am Donnerstag vor allem die Entscheide und Kommentare der Europäischen Zentralbank (EZB) auf die Stimmung drückten, sind es heute die am Nachmittag anstehenden US-Inflationszahlen für den Mai, welche den Börsianern Bauchweh bereiten. Gewisse Marktteilnehmer erwarten hier jedenfalls eine böse Überraschung.

So sprach JP Morgan gestern in den USA von einem stärkeren Anstieg als von Ökonomen bisher erwartet, was später durch eine Quelle im Weissen Haus von Fox News auch noch bekräftigt wurde. Offenbar fänden die stark gestiegenen Kerosinpreise ihren Weg in die Kerninflation, da die Preise für Flugtickets steigen würden, hiess es in dem Bericht. "Hinweise wie diese, die auf eine Verstetigung des Inflationsdrucks und Zweit- und Drittrundeneffekte hindeuten, will der Markt gerade nicht hören", sagte ein Händler dazu. Am Ende könnten die Zentralbanken so nämlich gezwungen sein, die grosse Keule bei der Inflationsbekämpfung rauszuholen.

Der Swiss Market Index (SMI) verliert um 11 Uhr um 1,48 Prozent auf 11'155,01 Punkte. Im Wochenvergleich zeichnet sich damit ein deutliches Minus ab - auf dem aktuellen Stand wären es 3,2 Prozent. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, fällt gar um 1,69 Prozent auf 1736,53 und der breite SPI um 1,42 Prozent auf 14'318,42 Punkte. Bei den 30 Top-Werten stehen weiterhin alle im Minus.

Top-Verlierer bei den Blue Chips sind erneut Credit Suisse (-3,5%). Der US-Finanzkonzern State Street hat gestern Abend Gerüchte über eine angepeilte Übernahme der zweitgrössten Schweizer Bank zurückgewiesen. Diese hatten am Mittwoch die Papiere der CS trotz Gewinnwarnung in die Höhe getrieben. Bereits am Donnerstag büssten sie dann aber wieder 5,6 Prozent ein. Der Börsenwert liegt trotz zahlreicher Kapitalerhöhungen nur noch bei knapp 17 Milliarden Franken und damit deutlich unter demjenigen der UBS (63 Mrd). Die Aktien der grössten Schweizer Bank stehen im aktuellen Umfeld allerdings auch unter Druck (-1,9%).

Klar schwächer präsentieren sich im frühen Handel auch Swisscom (-3,1% auf 536,80 Fr.). Die UBS hat hier das Rating auf "Sell" von "Neutral" gesenkt, wenn auch mit leicht auf 500 von 490 Franken erhöhtem Kursziel. Der zuständige Analyst verweist dabei vor allem auf die starke Performance des Titels allgemein, aber auch innerhalb des Sektors in jüngster Zeit. Tatsächlich waren Swisscom - zumindest noch gestern Abend - der zweitstärkste SMI-Wert im laufenden Jahr mit einem Plus von 7,6 Prozent.

Erneut stark verkauft werden auch die Aktien von Straumann (-3,2%), womit sich das Minus im laufenden Jahr auf deutlich über 40 Prozent aufsummiert. Der Titel hatte im Umfeld der Tiefzinsen und nach Corona lange zu den Favoriten im Schweizer Aktienmarkt gehört. Dies habe sich aber zuletzt ins Gegenteil gedreht, meinte ein Marktteilnehmer. Grössere Abgaben gibt es auch bei einigen konjunktursensitiven Werten wie Holcim (-2,8%), Schindler PS (-2,6%) oder Sika (-2,4%).

Bester Wert sind Kühne+Nagel (-0,3%). Händler verweisen hier auf zwei Titelkäufe aus dem Verwaltungsrat des Unternehmens im Gesamtbetrag von rund 2,3 Millionen Franken. Zuletzt hatten die Aktien allerdings aufgrund von Konjunktursorgen und der Angst vor rückläufigen Frachtstückpreisen einen schweren Stand. Die Käufe könnten ein Zeichen für eine bevorstehende Bodenbildung sein, heisst es.

Einigermassen stabil präsentieren sich die defensiven Schwergewichte Roche (-0,4%). Hier Roche wird auf diverse gute Studiendaten in den letzten Tagen verwiesen. Der Pharmakonzern will diese Tage am Hämatologie-Kongress EHA weitere solche Daten vorstellen. Am oberen Rand der Tabelle sind auch VAT (-0,5%), Lonza (-0,9%) und Geberit (-1,0%) zu finden.

Im breiten Markt stehen die Titel des Biotech-Unternehmens Kinarus (+9,4%) am ersten offiziellen Handelstag in der Gunst der Anleger. Auch weitere kleine Titel wie Achiko (+8,2%), Tornos (+7,6%) oder Santhera (+2,7%) sind weit oben zu finden. Grosse Einbussen gibt es ebenfalls bei Minititeln wie IGEA (-20%) und Blackstone (-8,0%).

uh/ra