Zürich (awp) - Der Schweizer Aktienmarkt gibt am Donnerstag weiter nach. Die unerwartet hohe Inflation in den USA und damit verbundene Zins- und Rezessionssorgen belasten laut Händlern die Marktstimmung. Der Anstieg der US-Teuerung im Juni auf 9,1 Prozent verstärke den Druck auf die US-Notenbank, die Geldpolitik noch stärker zu straffen als bisher erwartet. Derzeit wird die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung um 1,00 Prozentpunkte bei der Juli-Sitzung des Fed mit mehr als 50 Prozent beurteilt. Zuvor wurde ein Zinsschritt von 75 Basispunkten erwartet. Damit steige auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Zentralbank in ihrem Kampf gegen die hohe Inflation eine wirtschaftliche Abschwächung in herbeiführen könnte, heisst es weiter.

An den Anleihemärkten wird nun immer mehr eine Rezession eingepreist, wie Händler sagen. So ist die Rendite zweijähriger US-Staatsanleihen über die der zehnjährigen gestiegen und damit invers geworden. Dies gilt als Signal für eine Rezession. "Und ob eine Rezession auch im Aktienmarkt wirklich schon richtig eingepreist wird, wage ich doch sehr zu bezweifeln", sagt ein Händler. Der Bärenmarkt werde wohl noch einige Zeit dauern. Bisher sei das Geschäft am Berichtstag eher ruhig verlaufen, sagt ein Händler. Viele Marktteilnehmer hielten sich vor den um die Mittagszeit anstehenden Quartalszahlen der US-Grossbanken JPMorgan und Morgan Stanley zurück. Dies sei ein wichtiger Stimmungstest und Hinweis auf die Entwicklung in der Finanzbranche, heisst es am Markt weiter.

Der SMI notiert gegen 11.00 Uhr um 0,76 Prozent tiefer auf 10'822,36 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, schwächt sich um 0,67 Prozent auf 1658,58 Punkte und der breite SPI um 0,69 Prozent auf 13'961,18 Punkte ab. 22 SLI-Werte geben nach und acht legen zu.

An der Spitze stehen Aktien wie Straumann (+1,3%), VAT (+0,5%), Sonova (+0,9%) und Lonza (+0,3%), die zu den Wachstumswerten zählen und die seit Jahresanfang viel an Wert eingebüsst haben. Bei VAT dürften erfreuliche Nachrichten der Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSCM) zusätzlich für Auftrieb sorgen, heisst es am Markt. TSCM, das weltweit zu den grössten Halbleiterherstellern zählt, hat überraschend starke Quartalszahlen veröffentlicht und den Umsatzausblick erhöht. Dies tat VAT bereits am Vortag.

Die Aktien von Swatch (+0,5%) zählen ebenfalls nach Zahlen zu den Gewinnern, können aber die Höchstkurse im Verlauf nicht halten. Der Uhrenkonzern hat im ersten Halbjahr trotz globaler Unsicherheiten den Umsatz klar gesteigert und auch mehr verdient. Für das Gesamtjahr ist Swatch zuversichtlich und strebt einen Umsatzanstieg im zweistelligen Prozentbereich an. Die Aktien von Rivale Richemont (+0,6%) sind am Tag vor der Ergebnispräsentation sogar noch etwas stärker gefragt als Swatch.

Die Banken CS (-0,04%) und UBS (-0,1%) geben leicht nach. Sie seien dabei, nach den jüngsten Verlusten Boden zu bilden.

Auf der anderen Seite stehen die Aktien von Swisscom (-2,0), die den Vorgaben der europäischen Konkurrenten nach unten folgen. Auch die Versicherer Zurich und Swiss Re, die defensiven Schwergewichte Novartis und Roche sowie Nestlé verlieren zwischen 1,9 und 0,5 Prozent.

Unter Druck stehen zudem die Chemiewerte Sika (-2,0%), Givaudan (-1,8%) und Clariant (-2,2%), für die die Grossbank UBS ihre Kursziele reduziert hat. Für die Aktien des Aromenherstellers Givaudan und des Spezialchemiekonzerns Clariant hat UBS das Rating zusätzlich noch auf "Sell" von "Neutral" gesenkt.

Temenos (-1,0% auf 76,84 Fr.) verbuchen erneut Kursabschläge. Morgan Stanley hat das Kursziel für den Softwarehersteller auf 86 von 95 Franken gesenkt.

Am breiten Markt steigen Swiss Steel um 10 Prozent. Der Stahlkonzern hat gute vorläufige Zahlen veröffentlicht.

Polypeptide gewinnen 8,7 Prozent. Ihr Kurs war in den Vortagen nach einer Gewinnwarnung um mehr als 40 Prozent eingebrochen.

pre/rw