Zürich (awp) - Am Schweizer Aktienmarkt setzt sich am Mittwoch die Flucht in sichere Häfen fort. Schon zu Wochenbeginn hatten Unsicherheiten im US-chinesischen Handelsstreit und schwache Konjunkturdaten aus Europa den Markt belastet. Nun zeigen sich Investoren beunruhigt über ein mögliches Amtsenthebungsverfahren der US-Demokraten gegen den US-Präsidenten Donald Trump.

Neben Trumps Stuhl wackelt auch der des britischen Premiers Boris Johnson. Nachdem das oberste britische Gericht den von Johnson verhängten Zwangsurlaub für das Parlament gekippt hat, wird dieses am Mittag zusammentreten. Diese politischen Unsicherheitsfaktoren werden als Auslöser für die anhaltende Konsolidierung an den Märkten genannt. Zudem hatte Trump in seiner Rede vor der UNO-Vollversammlung am Dienstag China erneut unfaire Handelspraktiken vorgeworfen, womit auch der Handelsstreit ganz oben auf der Liste der Belastungsfaktoren bleibt.

Der Swiss Market Index (SMI) weist gegen 11.10 Uhr ein Minus von 1,39 Prozent auf und steht bei 9'852,00 Punkten. Seit vergangenem Freitag ist der Leitindex damit um 2 Prozent gefallen. Der 30 Aktien umfassende Swiss Leader Index (SLI) verliert 1,58 Prozent auf 1'503,18 und der breite Swiss Performance Index (SPI) 1,43 Prozent auf 11'968,03 Punkte. Die 30 wichtigsten Aktien notieren alle im Minus.

Dass Investoren verstärkt nach sicheren Häfen greifen, zeigt sich auf am Devisen- und Bondmarkt. Mit Kursen von 1,0842 Franken notiert der Euro nur knapp über seinem bisherigen Tagestief. Auch der US-Dollar ist bei 0,9855 Franken nicht weit von seinem bisherigen Tagestief entfernt. Gleichzeitig zieht der Kurs des für den Schweizer Bondmarkt richtungsweisenden Conf Future um 10 Basispunkte an.

Wie schon an den vorangegangenen Tagen sind es vor allem die konjunkturabhängigen Werte, von denen sich Investoren in grossem Stil trennen. Entsprechend führen Technologiewerte wie AMS (-4,8%) und Logitech (-3,5%) erneut die Verliererliste an.

Sowohl die beiden Technologieunternehmen als auch Uhrenhersteller wie Richemont (-3,1%) und Swatch (-2,5%) sind aber auch stark in Asien vertreten. Wie zuletzt immer wieder zu hören war, manifestiert sich bei vielen Investoren nach und nach, dass der Handelsstreit so schnell nicht beigelegt werden wird und damit die Gefahr für die Weltwirtschaft akut bleibt.

Öl ins Feuer giessen hier die Analysten von HSBC, die sich in einer Branchenstudie kritisch zu den beiden Uhrenherstellern äussern. Die Erholung des Uhrensektors dürfte sich aufgrund des Handelskonflikts länger hinziehen als ursprünglich erwartet, so die Experten in der Studie. Auch das Schmuckgeschäft gerate aufgrund der makroökonomischen Unsicherheiten zunehmend unter Druck.

Aber auch die Aktien der Grossbanken CS, UBS sowie der Privatbank Julius Bär werden verstärkt auf den Markt geworfen, wie die Kursverluste zwischen 3,3 und 2,1 Prozent zeigen. Im breiten Markt trifft der schwache Trend noch die Titel von GAM, Swissquote und Leonteq, die sich zwischen 3,9 und 2,8 Prozent verbilligen.

Der Skandal bei der CS um die Beschattung eines abgesprungenen Top-Managers zieht weite Kreise und verstärkt den Image-Schaden der Branche. Durch immer neue Enthüllungen in der Presse, kommen zahlreiche neue Details zutage.

Die Abschläge der schwergewichtigen Nestlé-Aktien (-1,4%) lasten ebenfalls auf dem Gesamtmarkt. Die Experten der Royal Bank of Canada (RBC) haben ihre Kaufempfehlung für die Titel des Nahrungsmittelkonzerns auf "Underperform" von bisher "Sector Perform" zurückgenommen. In dem Bericht zeigen sie sich skeptisch über die weiteren Wachstumsaussichten des Nahrungsmittelkonzerns.

Auch die ebenfalls schwergewichtigen Novartis tragen mit Verlusten von 1,3 Prozent zu dem insgesamt eher schwachen Umfeld bei. Dagegen halten sich die Genussscheine von Roche (-0,7%) etwas besser als der Markt.

hr/ra