Zürich (awp) - Der Schweizer Aktienmarkt zeigt sich am Donnerstag uneinheitlich. Während die Anleger um die defensiven Sektoren einen Bogen machen, stehen die im laufenden Jahr bisher arg gebeutelten Titel im Aufwind. Geschuldet ist dies laut Händlern der US-Notenbank. Diese hob am Vortag zwar wie erwartet die Leitzinsen um satte 75 Basispunkte (BP) an, dämpfte dann aber mit ihren Aussagen die Erwartungen für weitere Zinsschritte. Darauf kam es bei den als zinssensitiv geltenden Wachstumswerten zu einem kräftigen Kursanstieg. Dieser setze sich nun auch hierzulande fort, heisst es am Markt.

In der Pressekonferenz hatte Fed-Chef Jerome Powell eine perspektivische Verlangsamung der geldpolitischen Straffung angekündigt sowie den Übergang zu einer Betrachtung "von Sitzung zu Sitzung", erklären Analysten die Kursgewinne. Dass die Leitzinsen nicht um einen vollen Prozentpunkt angehoben wurden, dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass sich in Teilen der US-Wirtschaft die Zeichen einer spürbaren Abkühlung mehrten, kommentiert die LBBW. Die am Nachmittag anstehenden US-Wachstumszahlen dürften Klarheit schaffen, ob die USA im zweiten Quartal in eine Rezession abgerutscht sind. Auskunft über die US-Inflation gibt es dann am Freitag, wenn die Angaben zu den persönlichen Konsumausgaben und Einnahmen veröffentlicht werden.

Der SMI hat sich bisher in einer engen Spanne von nur rund 40 Zählern bewegt. Um 11.05 Uhr notiert der Leitindex um 0,04 Prozent höher bei 11'060,89 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind und in dem die Gewichtung der Einzelwerte stärker gekappt ist, legt um 0,66 Prozent zu auf 1706,61 Zähler. Der breite SPI rückt um 0,06 Prozent vor auf 14'319,99 Zähler. Im SLI kommen auf 25 Gewinner fünf Verlierer.

Im Fokus stehen Nestlé (-1,6%), deren Kursverlauf auch die Richtung des SMI massgeblich beeinflusst. Das Halbjahresergebnis hat zwar die Erwartungen der Analysten übertroffen. Doch vermissten die Anleger grössere Überraschungen. Dazu ist der Nahrungsmittelriese nun als erstes europäisches Konsumgüterunternehmen mit der Senkung des Margenausblicks vorausgegangen. So kommt es denn auch wegen der schmäleren Gewinnmargen zu Gewinnmitnahmen bei der Aktie. Zudem stehen defensive Titel wie bereits erwähnt nicht in der Gunst der Anlegerschaft.

Daher werden auch die Pharmatitel Roche (-1,2%), die Anteile der Swisscom (-1,7%) und des Versicherers Swiss Re (-0,5%) und Zurich (-0,02%) verkauft.

Angeführt werden die Gewinner von den Aktien der Credit Suisse (+4,7%). Die Titel der Grossbank knüpfen an den positiven Trend vom Vortag an. Die angeschlagene Grossbank hat zwar im zweiten Quartal schlechter als erwartet abgeschnitten, aber eine neue Strategie und einen Chefwechsel angekündigt. "Wir werden sehen, ob die neuen Besen wirklich so gut kehren, wie der Markt derzeit vorwegnimmt", sagt ein Händler.

Gesucht sind zudem dank der positiven US-Vorgaben die Aktien von Partners Group, Sika, Logitech, Julius Bär, VAT, Straumann, Lonza, Geberit, Holcim, Kühne+Nagel oder AMS Osram. Die Titel, die seit vergangenem Herbst zum Teil massiv korrigiert haben, gewinnen zwischen 1,0 und 2,9 Prozent.

Deutliche Kursaufschläge gibt es nach Zahlen auf den hinteren Rängen. Dabei stechen Cosmo mit +9,0 Prozent hervor. Der Arzneimittelhersteller hat im ersten Halbjahr wieder einen Gewinn geschrieben und hat zudem für das Akne-Mittel Winlevi eine Lizenzvereinbarung für Grosschina geschlossen, was eine Meilensteinzahlung von 6,5 Millionen US-Dollar an Cosmo auslöst.

Die Aktien von Calida gewinnen 2,5 Prozent. Der Wäschehersteller hat im ersten Halbjahr sehr gut angeschnitten. Zudem will Grossaktionärin und Gründerfamilie Kellenberger ihre Anteile im Sinne einer Nachfolgelösung verkaufen.

Auch Meier Tobler (+3,1%), Kardex (+2,6%), Clariant (+1,5%) und Bucher (+0,3%) sind nach Zahlen gefragt. Dagegen büssen Comet, Starrag, Vontobel und Lem nach Ergebnisvorlage etwas an Wert ein.

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