Zürich (awp) - Investoren tun sich am Schweizer Aktienmarkt zur Wochenmitte schwer mit der Orientierung. Der SMI startete mit Abgaben in den Handel und baute diese kurzzeitig auf etwa ein halbes Prozent aus, was vor allem seiner defensiven Ausrichtung geschuldet war: Alle drei Schwergewichte geben deutlich nach. Dass der SMI mittlerweile dennoch leicht im Plus liegt, verdankt er vor allem den teilweise deutlichen Kursgewinnen bei den Zyklikern und Finanzwerten.

Grundsätzlich hielten sich Investoren aber zurück, so Händler. Dies liege an der Senatswahl im US-Bundesstaat Georgia. Sie wird die künftige Sitzverteilung im US-Senat unter dem neuen Präsidenten Joe Biden bestimmen. Aktuell zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab. Sollten die Demokraten beide Sitze gewinnen, bekäme jede Partei 50 Sitze. Vizepräsidentin Kamela Harris wäre dann das entscheidende Zünglein an der Waage. Die Wahlergebnisse werden am Mittag erwartet. Damit nicht genug, müssen Investoren eine Vielzahl an PMI-Daten bewerten, bevor am Nachmittag noch die ADP-Arbeitsmarktdaten aus den USA anstehen. Als weiteren Einflussfaktor nennen Händler aber auch die Einigung der Opec+ Länder, die Förderung erst im Februar und März leicht zu erhöhen.

Der Swiss Market Index (SMI) weist gegen 11.05 Uhr ein knappes Plus von 0,06 Prozent auf 10'700,88 Punkte auf. Der SLI, in dem die Gewichtung der Titel stärker gekappt ist, gewinnt 0,44 Prozent auf 1'694,99 hinzu, während der umfassende SPI mit -0,06 Prozent auf 13'312,56 Punkte zurückkommt. Im SLI stehen 18 Gewinnern 12 Verlierer gegenüber.

Grundsätzlich warnen zahlreiche Experten davor, dass ein Sieg der Demokraten in Georgia am Markt erst einmal für eine negative Reaktion sorgen könnte. Denn ein von den Demokraten kontrollierter Senat würde dem designierten Präsidenten Biden mehr Spielraum geben, um seine Reformpläne umzusetzen. Diese beinhalten einerseits weitere Covid-19-Stimuli. Gleichzeitig könnte die Regierung Biden aber auch höhere Unternehmenssteuern durchsetzen und strengere Vorschriften für die Technologie-Megacaps einführen - eine Politik, die von der Wall Street typischerweise nicht bevorzugt wird.

Derweil zählen Unternehmen wie der Baustoffkonzern LafargeHolcim (+3,7%) zu den direkten Profiteuren weiterer Konjunkturpakete in den USA. Auch ABB (+0,8%), Geberit (+0,7%) oder Sika (+0,6%) könnten von der erhofften Investitionen speziell in die US-Infrastruktur profitieren.

Wie die Deutsche Bank in einer aktuellen Studie hervorhebt, zeichnet sich gerade im Baustoffbereich ohnehin einige Bewegung ab, wie die jüngsten Spekulationen um LafargeHolcims Interesse in den USA zeige.

Zusammen mit der Baubranche ist auch die Finanzbranche zur Wochenmitte stark gefragt. Aktien der CS, der UBS, von Julius Bär, Swiss Life, Zurich und Swiss Re gewinnen zwischen 4,1 und 1,6 Prozent hinzu. Händler begründen die Nachfrage nach den Bankaktien mit dem Anstieg der Anleiherenditen. In den USA werfe der zehnjährige Treasury Bond erstmals seit dem vergangenen März wieder eine Rendite von über einem Prozent ab. "Das gibt den Banken Rückenwind", sagt ein Händler. Zudem hätten sie in den vergangenen Jahren nicht gerade geglänzt. Das lasse Raum für neue (Kurs-)Hoffnung.

Unter den grössten Verlieren sind dagegen die drei Schwergewichte Roche (-1,1%), Nestlé (-0,9%) und Novartis (-0,6%) zu finden. Händler machen hierfür nicht zuletzt Gewinnmitnahmen verantwortlich, nachdem sich etwa die beiden Pharmatitel Ende 2020 recht gut gehalten hatten.

Mit Alcon, Lonza, Sonova, Givaudan und auch Straumann sind noch weitere Vertreter aus den weniger konjunktursensiblen Branchen zu finden. Ihre Abschläge betragen zwischen -1,0 Prozent und -0,7 Prozent.

Die Kursverluste von Logitech(-1,5%) begründen Händler unterdessen mit Gewinnmitnahmen, nachdem die Aktien 2020 der Spitzenreiter unter den Schweizer Blue Chips war.

Im breiten Markt fallen Swissquote (+3,1%) positiv auf. Seit sie sich vom Corona-Absturz im März 2020 erholt haben, dringen sie mittlerweile in bisher unerreichte Höhen vor. Das Ende der Fahnenstange dürfte trotzdem noch nicht erreicht sein - zumindest, wenn es nach dem US-Finanzdienstleister Stifel geht.

hr/rw