Zürich (awp) - Die Schweizer Börse tendiert am Donnerstag etwas schwächer. Dabei präsentiert sich der Markt allerdings uneinheitlich. Während Finanzwerte gefragt sind, geben die übrigen Blue Chips nach. Geschuldet ist dies laut Händlern mehr der US-Notenbank Fed als der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Obwohl beide Zentralbanken an ihrer bisherigen Geldpolitik festhalten wollen, werden aus dem Statement des Fed doch erste Signale einer baldigen Zinswende herausgelesen. Daher stehen die Obligationenmärkte auch unter Druck und der Dollar hat seit Mittwochabend deutlich angezogen.

Das Fed hat am Vorabend zwar bestätigt, dass es nach wie vor an der ultra-expansiven Geldpolitik festhalten will und keine klaren Signale für eine Reduzierung der Anleihenkäufe (Tapering) gegeben. Aber die meisten Fed-Mitglieder haben eine Zinserhöhung bis Ende 2023 befürwortet. Die SNB hat derweil wie erwartet den Leitzins bei -0,75 Prozent belassen. "Wenn nun die Notenbank-Ereignisse verdaut sind, können wir uns dem Hexensabbat zuwenden", sagt ein Händler. Am Freitag ist der grosse Quartalsverfall an der Eurex, bei dem es zu stärkeren Kursausschlägen kommen könnte.

Der SMI notiert um 11.25 Uhr um 0,34 Prozent tiefer bei 11'941,31 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, fällt um 0,33 Prozent auf 1931,41 Punkte und der breite SPI um 0,45 Prozent auf 15'304,52 Punkte zurück. Von den 30 SLI-Aktien sind 22 tiefer und acht höher.

Händler sprechen von Gewinnmitnahmen, die sich noch ausweiten könnten. "Wir sind sehr stark gestiegen, ohne dass es zwischendurch auch nur einmal eine Korrektur gegeben hätte", sagt ein Händler. Die Marke von 12'000 Punkten im SMI dürfte wohl zunächst einmal etwas ausser Griffnähe geraten. Nach Ansicht der Chartisten von BNP Paribas könnte bei grösseren Gewinnmitnahmen das Verkaufsinteresse zunehmen. "Da die erste signifikante Unterstützung erst am jüngsten Ausbruchsniveau bei 11'270/11'267 Punkten auftaucht, könnte es dann durchaus etwas ungemütlicher werden", so BNP Paribas.

Gegen den Trend gesucht sind Finanzwerte: Die Banken UBS (+2,3%), CS (+2,3%) und Julius Bär (+2,0%) sowie die Versicherer Zurich (+2,1%), Swiss Re (+1,2%) und Swiss Life (+0,5%) profitieren von der Aussicht auf eine straffere US-Geldpolitik, was weltweit zu höheren Zinsen und Renditen führen und den Finanzunternehmen daher auch bessere Margen und steigende Erträge verheissen dürfte.

Zu den Gewinnern zählen zudem Adecco (+0,3% auf 64,30 Fr.). Citigroup hat das Kursziel für die Aktien des Personalvermittlers auf 72 von 66 Franken erhöht. Das Rating lautet "Buy".

Auf der anderen Seite stehen Aktien, die gut gelaufen sind wie Lonza, Givaudan, Kühne+Nagel (je -2,3%), Sika (-1,3%) und Geberit (-1,0%) unter Druck. Händler sprechen von den erwähnten Gewinnmitnahmen.

Sonova (-1,2% oder 4 Fr.) sind tiefer, was aber darauf zurückgeht, dass der Medizintechniktitel ex-Dividende von 3,20 Franken gehandelt wird.

Auch der starke Zuwachs bei Schweizer Uhrenexporten kann die beiden Uhren-Aktien Richemont (-0,6%) und Swatch (-1,0%) nicht auffangen. Die Uhrenexporte legten im Mai um fast 180 Prozent zu und erreichten damit fast wieder das Vor-Corona-Niveau. Nach der starken Performance beider Titel strichen die Anleger nun Gewinne ein, heisst es am Markt. Die ZKB schätzt, dass es wegen der "etwas enttäuschenden" Uhrenexportzahlen zu weiteren Gewinnmitnahmen kommen könnte.

Die als defensiv beurteilten Pharmariesen Roche (-0,5%) und Novartis (-0,2%) sowie der Lebensmittelmulti Nestlé (-0,7%) geben nach. Dabei verbuchten Nestlé und Roche kürzlich rekordhohe Kurse. Zykliker wie ABB (-0,6%), Holcim (-0,7%) und Schindler (-0,2%) liegen ebenfalls im Mittelfeld.

Molecular Partners büssen 8,7 Prozent auf 19,32 Franken ein. Den ADS der Biotechfirma war an der Wall Street am Vortag nur ein maues Debut geglückt. Nach einem Ausgabepreis von 21,25 US-Dollar das Stück wurden für die ADS zuletzt 19,65 Dollar bezahlt.

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