Zürich (awp) - Der Schweizer Aktienmarkt legt am Freitag kräftig zu. Händler sprechen von einer technischen Gegenbewegung, nachdem es mehrere Tage nur nach unten gegangen sei. Wie nachhaltig diese Erholung sei, müsse sich erst weisen. Zwar hätten einige Marktteilnehmer am Vortag damit angefangen, ihre Baissepositionen glattzustellen, als die Aktienbörsen trotz der erneut hohen US-Inflation gehalten hätten. Und diese Entwicklung setze sich fort. Unterstützt würden die Märkte zudem von mutigen Anlegern, die die Verluste als übertrieben taxieren würden und nun auf eine Erholung wetteten. Die Korrektur sei inzwischen weit fortgeschritten, ob sie aber wirklich beendet ist, sei ungewiss. "Es könnte auch wieder nur eine Bullenfalle sein", sagt ein Händler. Ausserdem sei für eine nachhaltige Erholung das Vertrauen der Investoren notwendig. "Und daran fehlt es wohl noch ein wenig", sagt ein Händler.

Die am Vortag veröffentlichten US-Inflationsdaten hatten gezeigt, dass die hohe Teuerung tendenziell leicht auf dem Rückzug ist. Dennoch erwarten die Marktteilnehmer, dass die US-Notenbank Fed den Leitzins im November und im Dezember noch einmal um jeweils 75 Basispunkte anhebt. Doch im kommenden Jahr dürfte der Zinserhöhungszyklus dann bald einmal abgeschlossen sein, meint ein Händler. Denn die Richtung der Inflation stimme inzwischen. Allerdings verlaufe der Pfad flacher als erhofft. Neue Impulse, die das Geschehen beeinflussen dürften, werden am Nachmittag veröffentlicht. Auf dem Programm stehen neben den US-Detailhandelsumsätzen und dem Konsumentenvertrauen auch die Quartalsberichte der US-Grossbanken JPMorgan, Morgan Stanley, Citigroup und Wells Fargo.

Der SMI notiert um 11.15 Uhr um 0,92 Prozent höher auf 10'322,45 Punkten. Damit steuert der SMI, der vor einer Woche bei 10'309 Punkten schloss, auf ein leichtes Wochenplus zu. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, gewinnt 0,88 Prozent auf 1545,50 Zähler und der breite SPI 0,81 Prozent auf 13'182,16 Punkte. Im SLI legen 26 Titel zu und vier geben nach.

Im Fokus stehen die Anteile von Temenos, die um 23 Prozent abstürzen. Auslöser ist der Gewinneinbruch im dritten Quartal, über den der Softwarehersteller am Vorabend überraschend informiert hat sowie die massive Kürzung der Prognosen für das Gesamtjahr. Temenos erwartet nun einen Rückgang des EBIT um 25 Prozent. Zuvor wurde ein Plus von 10 Prozent erwartet. Daher haben mehrere Analysten, darunter etwa die von Jefferies und Vontobel, das Kursziel gesenkt. Händler sprachen von einem Debakel und einer wahren Katastrophe.

Ebenfalls tiefere Kurse gibt es bei den Anteilen von AMS Osram (-1,9%). Händler sprechen von Verleiderverkäufen enttäuschter Anleger. Unter Ablagen leiden zudem Holcim (-0,2%) und Swatch (-1,1%). Während bei Holcim eine Verkaufsempfehlung von Goldman Sachs als Begründung für die tieferen Kurse erwähnt wird, könnten es bei Swatch Gewinnmitnahmen sein. Der Uhrentitel zählt zu den wenigen Bluechips mit einer positiven Wochenbilanz.

Auf der anderen Seite sind mit Kühne+Nagel, Givaudan, Lonza, Sika, Schindler und Geberit mit Gewinnen zwischen 3,2 und 1,3 Prozent Aktien gesucht, die in den Vorjahren gut gelaufen waren, aber im laufenden Jahr deutlich korrigiert haben.

VAT (+1,3%) geben die frühen starken Gewinne zum Grossteil wieder ab. Die Aktie stand am Vortag nach dem Quartalsupdate zeitweise stark unter Druck.

Bei den Finanzwerten, die als Profiteure steigender Zinsen gehandelt werden, schneiden die Versicherer Swiss Re (+3,0%), Zurich (+1,5%) und Swiss Life (+1,4%) besser als die Grossbanken UBS (+0,9%) und CS (+0,2%), Julius Bär (+0,2%) oder Partners Group (+0,2%). Ihnen könnten die am Nachmittag erwarteten Ergebnisse der US-Grossbanken noch Impulse verleihen, heisst es.

Am breiten Markt setzen GAM (-5,7%) die Talfahrt fort. SoftwareOne (-3,4%) litten laut Händlern unter einer kritischen Branchenstudie von Morgan Stanley.

pre/jb