Zürich (awp) - Zunehmende Coronasorgen und die Angst vor einer eher früher als späteren Straffung der US-Geldpolitik setzen am Donnerstag den Schweizer Aktienmarkt unter Druck. Dabei steigt auch die Nervosität, wie der SMI Volatilitätsindex, das Angstbarometer der Börse, zeigt, das um fast 40 Prozent nach oben schnellt. Die Ausweitung der Coronapandemie könnte die Konjunktur gefährden, wenn wieder umfassende Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie beschlossen würden, heisst es am Markt. Laut dem Protokoll der Zinssitzung der US-Notenbank sind die Mitglieder uneins, wann die Anleihekäufe reduziert werden sollen. Die Mehrheit habe die Auffassung vertreten, dass man noch in diesem Jahr damit beginnen könnte. Dies könnte die Aktienmärkte unter Druck setzen, weil den Märkten damit Liquidität entzogen wird.

Dennoch äussern sich die Händler insgesamt nicht sehr beunruhigt, da Gewinnmitnahmen in stark gestiegenen Aktien normal seien. "Wir sind so hoch, da machen auch die 200 Punkte minus im SMI von heute noch nicht viel. Rein charttechnisch ist noch gar nichts passiert", meinte ein Händler. Und eher früher als später dürften wieder die Schnäppchenjäger in den Markt kommen. "Ein solcher Taucher wie heute hat sich in den letzten Jahren immer als günstige Einstiegsgelegenheit erwiesen", sagte ein anderer Händler.

Der SMI notiert um 11.15 Uhr um 1,90 Prozent tiefer auf 12'307,20 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, büsst 2,21 Prozent auf 1986,93 und der breite SPI 1,84 Prozent auf 15'769,24 Zähler ein. Sämtliche 30 SLI-Titel sind schwächer. Am Vortag hatte der Leitindex bei 12'573,43 Zählern noch einen Rekordhoch markiert.

Die stärksten Einbussen verbuchen Richemont (-6,8%) und Swatch (-5,4%), die den Schwächetrend vom Vortag fortsetzen. Die Luxusgüterhersteller leiden europaweit laut Händlern vor allem unter den stark steigenden Infektionszahlen mit dem Coronavirus vor allem in Asien. Dazu komme die Politik Chinas, gegen die Anhäufung von zu viel Reichtum in dem Land vorzugehen, und damit verbundene allgemeine Konjunktursorgen, heisst es weiter. Dies löse in den im ersten Halbjahr stark gestiegenen Luxusgüteraktien Gewinnmitnahmen aus. Dass die Schweizer Uhrenexporte im Juli um 30 Prozent gestiegen sind und damit wieder über dem Niveau von vor der Coronapandemie liegen, helfe nicht viel.

Zu Gewinnmitnahmen kommt es auch bei Straumann (-3,8%), Partners Group (-3,5%), Kühne + Nagel (-2,8%) sowie bei Geberit (-3,2%). Dabei hat der Sanitärtechnikkonzern für das erste Halbjahr ein deutlich über den Erwartungen der Analysten liegendes Ergebnis präsentiert. "Die Anleger blicken nach vorne, und da sieht es konjunkturell nicht mehr ganz so rosig aus. Daher besser jetzt noch mit Gewinn verkaufen", so ein Händler. Auch meisten anderen Blue chips fallen daher um zwei Prozent oder mehr.

Aktien mit einem defensiven Anstrich schlagen besser als der Markt. Alcon notieren (-0,7%) nach dem Höhenflug vom Vortag zwar auch leicht schwächer. Der Kurs des Augenheilmittelherstellers hatte am Vortag nach dem Zwischenbericht allerdings um 13,5 Prozent zugelegt und ein Allzeithoch erreicht.

Die Aktien des Nahrungsmittelmultis Nestlé, der Pharmariesen Roche und Novartis, des Telekomkonzerns Swisscom und des Pharazulieferers Lonza büssen zwischen 0,8 und 1,7 Prozent ein und schlagen sich damit etwas besser als der SMI.

Auf den hinteren Reihen fallen die Aktien Meyer Burger (+5,5%) positiv auf. Der Solarpanelhersteller hat seine Ziele gegenüber AWP bestätigt. Die strategische Transformation sei abgeschlossen.

Die Aktien die Aktien von Relief Therapeutics gewinnen 6,2 Prozent. US-Kooperationspartner NRx hat positive Ergebnisse zum Einsatz von Zyesami (Aviptadil) bei Patienten mit lebensbedrohlichem Covid-19 veröffentlicht.

Ansonsten können auch gute Ergebnisse die Aktienkurse nicht stützen. Ascom, Feintool, Meier Tobler und Siegfried geben zum Teil deutlich nach.

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