Von Rhiannon Hoyle und Julie Steinberg

LONDON/SYDNEY (Dow Jones)--Als das weltweit wertvollste Lithium-Unternehmen vergangenes Jahr Pläne für ein 1,3 Milliarden US-Dollar teures Wert in South Carolina ankündigte, wurde dies von Lokalpolitikern als "transformatorisch" für den US-Bundesstaat bejubelt. Es sollte dort Lithium für den Bau von Elektroautos, unter anderem durch das Recycling von Altbatterien, gewonnen werden. Weniger als ein Jahr später ist die Euphorie mit dem Einbruch der Preise für Batteriematerialien verflogen.

Produzenten von Lithium und Nickel, die in Lithium-Ionen-Batterien in E-Autos zum Einsatz kommen, legen derzeit Projekte auf Eis und schließen Minen, um nach einem schmerzhaft schnellen Verfall der Preise Geld zu sparen. Der Lithium-Preis ist seit Anfang 2023 um bis zu 90 Prozent eingebrochen, der Preis für Nickel hat sich halbiert.

Der Schweizer Bergbau- und Handelsgigant Glencore kündigte vergangene Woche an, die Förderung einer unprofitablen Nickelmine und die Verarbeitung in Neukaledonien auszusetzen. Die zu Frankreich gehörende Inselgruppe trägt über 6 Prozent zum globalen Bedarf bei.

Der weltgrößte Bergbaukonzern BHP kündigte nur Tage später an, dass er sein australisches Nickel-Geschäft eventuell für einen unbestimmten Zeitraum herunterfahren müsse. BHP geht nicht von einer schnellen Markterholung aus.


   Umstieg auf Elektroautos langsamer als erwartet 

Die Welt wird plötzlich von Batteriematerialien überflutet, nachdem die Produzenten neue Projekte hochgefahren hatten, um die E-Autoindustrie zu bedienen. Mehrere Autobauer wie Ford, GM und Volvo verschieben jedoch Investitionen und schlagen vorsichtigere Töne über die zu erwartende E-Auto-Nachfrage an.

Bei Rohstoffen sind "Boom-and-Bust"-Zyklen nichts Ungewöhnliches, weil die Nachfrage unvorhersehbar sein kann und es üblicherweise viele Jahre braucht, um eine neue Mine zu entwickeln. Einige Analysten sagen, dass das Ausmaß der Kürzungen noch zurückhaltend ist. Das könnte darauf hindeuten, dass einige Produzenten immer noch zuversichtlich sind über die langfristigen Marktaussichten.

Die Umstellung auf Elektromobilität geschieht, nur eben nicht so schnell wie erhofft. Niedrigere Preise für Rohstoffe könnten den Autoherstellern dabei helfen, das Absatzwachstum durch geringere Verkaufspreise wieder anzukurbeln. Die Kürzungen bei den Produzenten verursachen aber das Risiko, dass die Rohstoffe wieder knapp werden, sollte die Nachfrage schnell Fahrt aufnehmen.

Die meisten größten Lieferanten in der Lithiumindustrie legen Projekte eher auf Eis, als dass sie bestehende Aktivitäten komplett schließen. Sie haben in den vergangenen Jahren große Barmittelbestände aufgebaut.

In der Nickelindustrie hatten einige Produzenten keine Wahl als unprofitable Minen zu schließen, die mit den billigen Exporten aus Indonesien nicht mithalten können. Der Abschwung hat mehr als ein Fünftel der australischen Minenkapazität ausgelöscht, wie aus Daten von Benchmark Mineral Intelligence hervorgeht. Australische Politiker haben Nickel als kritisches Mineral eingestuft, damit können Unternehmen Staatshilfe beantragen.

Westliche Politiker befürchten, dass die aktuelle Situation die Bemühungen, sich bei wichtigen Materialien von China unabhängiger zu machen, aus der Bahn wirft. Außerdem wird befürchtet, dass die Märkte vor allem Metalle aus niedrigen, aber schmutzigen Quellen beziehen, wenn Produzenten mit höheren Umweltstandards aus dem Markt fallen.


   Billiganbieter können Marktanteile gewinnen 

"Die globale Nickel-Situation ist düster und sie ist aus meiner Sicht eine extreme Bedrohung für die nationale und internationale Sicherheit sowie für die Umwelt", sagte Ashley Zumwalt-Forbes, Vizedirektorin des US-Energieministeriums.

Albermarle, das Unternehmen, das in South Carolina baut, hat seine Investitionen auf unbestimmte Zeit gestoppt. "Da wo die Preise jetzt sind, ergeben diese Projekte wirtschaftlich keinen Sinn", sagte CEO Ken Masters unlängst. Das Projekt sei aber nicht vom Tisch.

Einige Lithium-Produzenten versuchen, aus dem Tumult Kapital zu schlagen. Sigma Lithium, das in Brasilien aktiv ist, gewinnt wegen seiner geringeren Verarbeitungskosten Marktanteile, wie CEO Ana Cabral sagte. "Wir investieren. Wenn der Markt weiter fällt, produzieren wir weiter", so Cabral. "Wir werden weniger Geld verdienen, aber wir werden Geld verdienen."

Einige Nickel-Förderer haben diese Option nicht. IGO aus Australien hat keinen Weg gefunden, sein Nickelprojekt in Western Australia profitabel zu machen. Bis Ende Mai wird es gestoppt. Allerdings ist das Einmotten von Minen schwierig, weil trotzdem Wartungskosten anfallen.

"Alle waren aufgeregt", weil Nickel im E-Auto-Boom endlich "eine Heimat gefunden" habe, sagt Peter Craig, dessen Unternehmen Dienstleistungen für Nickel-Minen erbringt. "Wir glaubten, dass es für die nächsten 25 Jahre eine Zukunft für Nickel gibt. Aber niemand kann diese Dinge vorhersagen."

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February 19, 2024 06:39 ET (11:39 GMT)