Von Andrea Thomas
DOW JONES--Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat bei seinem Treffen mit der Stahlindustrie verschiedene Maßnahmen vorgeschlagen, um die Rahmenbedingungen und Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie zu verbessern. Dazu zählen niedrigere Energiekosten, sichere und pragmatische Rahmenbedingungen für die Transformation sowie eine Ankurbelung der Stahlnachfrage durch die Förderung von Investitionen und Modernisierung der Infrastruktur. Das geht aus einem Papier aus der SPD zum Stahlgipfel hervor, in das Dow Jones Newswires Einblick hat. Notwendig sei zudem eine effektive Umsetzung der handelspolitischen Schutzmaßnahmen im Stahlbereich, wie etwa Antidumpingzölle, Ausgleichszölle und Safeguards.
"Der Bundeskanzler hat die herausragende Rolle der Stahlindustrie für die industrielle Wertschöpfung und für gute Arbeitsplätze in Deutschland herausgestellt. Die heimische Stahlindustrie bleibt für die deutsche Industrie strategisch unverzichtbar", heißt es in dem SPD-Papier. Gleichzeitig seien die großen Herausforderungen für die Branche diskutiert worden. Dazu gehörten insbesondere hohe Energiekosten, ein herausfordernder internationaler Wettbewerb sowie die Transformation hin zur klimaneutralen Produktion.
Konkret habe Scholz bei seinem Treffen mit den Vorstandsvorsitzenden und Betriebsratsvorsitzenden der wichtigsten deutschen Stahlhersteller sowie Vertretern der IG-Metall gezielte Maßnahmen zur Senkung der Netzentgelte vorgestellt, damit die Energiekosten für alle Verbraucher sinken. Damit soll auch die Kostenbelastung in der Stahlindustrie zurückgehen.
Niedrigere Netzentgelte
Scholz will eine Halbierung der Netzentgelte auf rund 3 Cent pro Kilowattstunde. Außerdem erwartet er, dass mit der Überarbeitung der Netzentgelt-Rabatte durch die Bundesnetzagentur künftig mehr Unternehmen von dem Rabatt von bis zu 90 Prozent profitieren. Dies soll voraussichtlich ab dem Jahr 2026 gelten.
Bei der Strompreiskompensation, durch die etwa 90 Prozent der Stahlproduktion in Deutschland aktuell von den Kosten des CO2-Emissionshandels befreit werden, stehe außerdem 2025 eine Überprüfung der Beihilfeleitlinien mit den konkreten Umsetzungsregeln an. "Die Auslegung des Instruments muss weiterhin so gestaltet sein, damit die Stahlindustrie weiterhin umfassend profitieren kann", heißt es in dem Papier.
Scholz stellte zudem eine sichere und günstige Versorgung mit Erdgas in Aussicht. In Zukunft solle eine Flexibilisierung der Sektorleitlinien des Bundes, die Entscheidungskriterien für die Übernahme von Exportkreditgarantien enthalten, für eine Verbesserung der Erdgasversorgung aus dem Ausland sorgen. Darüber hinaus würden bestehende und neue Instrumente - etwa die Klima- und Energiepartnerschaften - so genutzt, dass die Förderung und der Bezug von Erdgas verbessert werden.
Mit Blick auf den Wasserstoff kündigte Scholz laut SPD-Papier Pragmatismus an. So sollen die Förderbedingungen für die Umrüstung der Stahlproduktion pragmatischer ausgestaltet und flexibilisiert werden. Die Nutzung von Erdgas und blauem Wasserstoff sowie andere Wasserstoff-"Farben" soll länger möglich sein.
Schutz vor Dumping
Gleichzeitig soll die Stahlindustrie vor unfairem Wettbewerb geschützt werden. Scholz machte sich für ein "entschlossenes" Handeln stark, wo Dumping, marktverzerrende Subventionen und disruptive Marktverschiebungen zu unfairen Wettbewerbsnachteilen führten. "Handelspolitische Schutzmaßnahmen im Stahlbereich (Antidumpingzölle, Ausgleichszölle und Safeguards) müssen jetzt effektiv umgesetzt und - wo angezeigt - überarbeitet sowie ggf. neue Maßnahmen verhängt werden", heißt es in dem Papier.
Unabdingbar sei zudem ein wirksamer Carbon Leakage Schutz für die Transformation der Stahlindustrie. Die europäische Stahlindustrie brauche faire Wettbewerbsbedingungen. Außerdem will Scholz sich für eine Stärkung der internationalen Kooperation im Klimaclub stark machen.
Investitionsprämie und Deutschland-Fonds
Zur Ankurbelung der Stahlnachfrage stelle Scholz bei dem Treffen seien Vorschlag einer Investitionsprämie oder auch "Made in Germany"-Bonus vor. Sie soll private Investitionen - etwa 90 Prozent aller Investitionen in Deutschland - gezielt fördern, damit die Transformation in den Unternehmen gelingen kann, wie es im SPD-Papier heißt. Jede Unternehmensinvestition in Anlagen und Geräte soll mit 10 Prozent der Anschaffungssumme direkt über eine Steuererstattung gefördert werden.
"Das hilft der Stahlindustrie bei der Anschaffung moderner Hochöfen - und zwar viel einfacher als bei mitunter langen Genehmigungsprozessen im Rahmen eines Förderprogramms", heißt es in dem Papier.
Außerdem hat er seinen Plan für einen Deutschland-Fonds für Zukunftsinvestitionen präsentiert. Dieser soll anfangs mit 100 Milliarden Euro und mithilfe des sogenannten Instruments der "finanziellen Transaktionen" schuldenbremsenkonform öffentliche Unternehmen so mit Finanzmitteln ausstatten, dass sie Zukunftsinvestitionen schnell und umfassend tätigen können - etwa in Wärme-, Strom- und Wasserstoffnetze. So soll die Transformation, gerade in der Stahlindustrie, durch eine leistungsfähige Infrastruktur flankiert werden.
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December 09, 2024 05:03 ET (10:03 GMT)