Berlin (Reuters) - Der Streit zwischen Bund und Ländern über Wachstumsimpulse durch Steuererleichterungen etwa für den Wohnungsbau geht in die nächste Runde.

Nach einer Sitzung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat am Mittwochabend ist weiter keine Einigung in Sicht. Der Ausschuss beschloss zwar mit 17 zu 13 Stimmen bei zwei Enthaltungen einen Kompromissvorschlag, der aber von der Union nicht mitgetragen wurde. Für das Wachstumschancengesetz von Bundesfinanzminister Christian Lindner ist damit im Bundesrat die erforderliche Zustimmung nicht erkennbar. Der FDP-Chef warf der Union am Abend vor, sie habe sich dem Ruf der Wirtschaft nach Entlastungen verweigert. Die Union fordert die Rücknahme von Kürzungen beim Agrar-Diesel. Sie ließ aber durchblicken, dass gegebenenfalls auch eine Kompensation der Bauern an anderer Stelle vorstellbar wäre.

Grünen-Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann sprach zwar davon, dass der Ausschuss den Weg für die Steuererleichterungen freigemacht habe. Die Entscheidung liegt allerdings nun beim Bundesrat in der Sitzung am 22. März. Die Länderkammer muss dann über den Vorschlag des Vermittlungsausschusses abstimmen. Für eine Annahme müssten auch Unions-geführte Länder zustimmen. Die Ampel setzt darauf, dass bis dahin Gespräche der Bundesregierung und der Ampel-Fraktionen zu einer Verständigung mit den Bauern geführt haben könnten. An der Kürzung der Steuerhilfen für Diesel in der Landwirtschaft will die Ampel aber festhalten.

"Wir erwarten, dass bis zum 22. März (...) Vorschläge vorliegen, wie sich die Bundesregierung einigt mit den Bauern", sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Sie sprach die Hoffnung aus, dass dann eine Zustimmung auch der Union zum Wachstumschancengesetz möglich sei. Der Parlamentarische Geschäftsführter der Union, Hendrik Hoppenstedt, der sich mit Schwesig den Vorsitz des Ausschusses teilt, sagte, die Union wolle die Rücknahme der Kürzungen beim Agrar-Diesel: "Wenn es auf gar keinen Fall der Agrar-Diesel sein darf, dann ist es sicherlich an der Ampel, Vorschläge dafür zu machen, wie eine äquivalente Kompensation aussehen kann."

Der Ausschuss nahm mit der Mehrheit der Vertreter der Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP den Vorschlag einer Arbeitsgruppe an, die die ursprünglichen Gesetzespläne bereits auf ein Entlastungsvolumen von etwa 3,2 Milliarden Euro halbiert hatte. Diese sehen unter anderem eine neue degressive Abschreibung im Wohnungsbau, eine stärkere Forschungsförderung und größere Möglichkeiten für Unternehmen vor, Verluste mit Gewinnen in späteren Geschäftsjahren zu verrechnen. Über dieses Paket müssen nun Bundestag und Bundesrat nochmals abstimmen.

Im Ausschuss enthielten sich nach Angaben von Insidern das SPD-geführte Bremen und das CDU-geführte Berlin. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sagte, der Bund habe sich zwar bewegt und übernehme nun den größten Teil der Steuermindereinnahmen. Er halte aber an seiner grundsätzlichen Kritik fest. "Ich bin sehr für die Förderung der Wirtschaft", sagte Bovenschulte. "Aber gezielt, nicht mit der Gießkanne. Das führt nur zu Mitnahme-Effekten."

Lindner sagte, das Wachstumschancengesetz sei ein wichtiger Baustein zur Stärkung der wirtschaftlichen Entwicklung. Es gäbe ein Signal für Investitionen durch bessere Abschreibungen: "Meine Hoffnung ist, dass es ein Umdenken bei der Union gibt in den nächsten Wochen, damit wir insgesamt beitragen können zu einer Belebung des wirtschaftlichen Klimas in Deutschland."

(Bericht von Holger Hansen und Andreas Rinke, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)