Das angeschlagene Mannheimer Unternehmen verkauft sein Bau- und Immobiliengeschäft für 1,2 Milliarden Euro an den schwedischen Finanzinvestor EQT, wie Bilfinger am Donnerstag mitteilte. Bilfinger trennt sich damit von 40 Prozent seines Umsatzes und wird zerschlagen. Übrig bleibt das Geschäft mit Industriediensten, das unter dem niedrigen Ölpreis und Investitionszurückhaltung in wichtigen Branchen leidet. Mit einem wesentlichen Teil des Erlöses soll die Sparte, die vor allem Anlagen im Energiesektor und in der Industrie konstruiert und wartet, wieder fit gemacht werden, wie Interims-Chef Axel Salzmann erklärte. Der Preis sei "sehr gut". "Das schafft für Bilfinger den größten Wert und stärkt unsere Finanzkraft erheblich."

Aufsichtsratschef Eckhard Cordes, vom Großaktionär und schwedischen Finanzinvestor Cevian installiert, erklärte, das Kontrollgremium stehe hinter dem Beschluss. Der Vorstand unter dem neuen Chef Thomas Blades, der noch nicht im Amt ist, werde attraktive Investitionsmöglichkeiten für das Industriegeschäft finden. "Und ich bin mir sicher, dass Cevian als Ankeraktionär dieses Vorgehen unterstützt." Die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat hatten sich lange gegen den Verkaufsplan gesperrt. Die darin vertretenen Gewerkschaften IG BAU und IG Metall bezeichneten die Entscheidung als Fehler. "Wir warnen seit langem davor, dass der einst stolze Konzern Bilfinger durch ein chaotisch agierendes Management nicht zur Ruhe kommt", kritisierte der IG-BAU-Vizechef Dietmar Schäfers.

Bilfinger hatte seit Jahresbeginn einen Verkauf des Geschäftsfeldes geprüft. Insidern zufolge war neben den Arbeitnehmern auf der Eignerseite auch der frühere BASF-Vorstand John Feldmann im Aufsichtsrat mit dem Plan nicht einverstanden. Cevian habe den Abschied von "Building and Facility" dagegen vorangetrieben. Nachdem Feldmann im Streit sein Mandat kürzlich niederlegte, war der Weg frei. Mit einer operativen Rendite von 4,8 Prozent war die Sparte im vergangenen Jahr die Stütze des Konzerns, die Industriedienste verdienten 3,5 Prozent. Die Bilfinger-Aktien legten als größter Gewinner im Nebenwerteindex MDax am Donnerstag um mehr als acht Prozent auf 41 Euro zu.

GROSSE NAMEN VERSCHWINDEN

Mit dem Verkauf verschwindet der letzte deutsche Baukonzern von der Kurstafel der Deutschen Börse. Die Frankfurter Philipp Holzmann AG ging 2002 pleite, Walter Bau folgte 2005, der deutsche Platzhirsch Hochtief gehört seit 2011 der spanischen ACS-Gruppe. Bilfingers Wurzeln reichen bis zur Gründung des "Wasserbaugeschäfts Weis & Bernatz" in Lothringen 1880 zurück. Doch die Mannheimer verstanden sich schon lange nicht mehr als Baukonzern. Der Erbauer des Olympiastadions in München trennte sich nach und nach vom Straßen- wie dem Tiefbau. Der verbliebene Hochbau macht mit rund 2100 Beschäftigten nur noch rund ein Viertel des jetzt verkauften Segmentes aus. Hauptgeschäft ist die Gebäudeverwaltung, bei der Bilfinger im deutschsprachigen Raum Marktführer ist. Mit der Umstellung auf Technikdienste wollte Bilfinger unabhängiger werden vom Auf und Ab der Wirtschaft, was jedoch misslang.

Seit rund zwei Jahren steckt das Unternehmen schon in der Krise, die 2014 den früheren hessischen Ministerpräsident Roland Koch den Posten des Vorstandschefs kostete. Auslöser waren die Verluste im Kraftwerksgeschäft durch die Energiewende und eigene Managementfehler. Die Sparte Power steht seit dem vergangenen Jahr zum Verkauf. Doch kein Interessent habe genug für das Gesamtpaket geboten, erklärte Salzmann. Deshalb werde Power nun in Einzelteilen verkauft und dafür erst durch eine Restrukturierung mit Personalabbau zurecht gemacht.

Salzmann kündigte an, einen Investitionsplan mit dem neuen Bilfinger Chef Blades, der bald vom Industriegasekonzern Linde kommt, zu entwickeln. Von den 1,2 Milliarden werden nach Einschätzung von Analyst Marc Gabriel vom Bankhaus Lampe nichts für eine Sonderausschüttung übrig bleiben. Denn 300 Millionen Euro werden für EQT vorerst nicht fällig, das Geld soll erst bei einem Wiederverkauf fließen. Hinzu kommen Restrukturierungskosten und Abschreibungen.

Für die 20.000 Mitarbeiter der Bau- und Immobiliensparte könnte der Verkauf auch ein Befreiungsschlag sein. Denn EQT hat nach eigener Darstellung viel Expertise im Feld Facility-Services. So habe der Finanzinvestor der dänische Dienstleister ISS innerhalb von zehn Jahren zum global führenden Service-Anbieter mit mehr als 500.000 Beschäftigten ausgebaut worden. EQT will die Bilfinger-Sparte stärken. "Geplant ist, die bestehende starke Plattform von Building and Facility auszubauen und in Europa sowohl organisch als auch durch Akquisitionen schneller als der Markt zu wachsen. EQT möchte den europäischen Marktführer im Immobiliendienstleistungssektor schaffen und wird entsprechend in das Unternehmen investieren", erklärte EQT-Partner Andreas Aschenbrenner.