PARIS/LONDON (awp international) - Europas Börsen haben am Dienstag ihren jüngsten Kursgewinnen Tribut gezollt. Der EuroStoxx 50 verlor bis zum Mittag 0,81 Prozent auf 3810,52 Zähler. Während wegen eines Feiertags zum Wochenauftakt die Impulse aus den USA fehlten, rückte der jüngste Anstieg der Ölpreise auf den höchsten Stand seit rund zwei Monaten wieder Rezessions- und Inflationsängste in den Vordergrund.

"Eine Preisexplosion wäre das letzte, was der Aktienmarkt jetzt gebrauchen kann", merkte Analyst Jochen Stanzl von CMC Markets dazu an. Neue Sanktionen der Europäischen Union (EU) gegen Russland hatten den Anstieg der Ölpreise zuletzt weiter angetrieben: Die EU-Staaten hatten sich im Streit um das geplante Ölembargo auf einen Kompromiss verständigt, auf Drängen Ungarns sollen vorerst nur russische Öllieferungen über den Seeweg unterbunden werden.

Mit dem Preisauftrieb bleiben auch die Notenbanken im Blick der Anleger: Zwar hatte zuletzt die Erwartung einer langsameren Straffung der US-Geldpolitik für bessere Stimmung am Markt gesorgt; gleichzeitig schürt aber die hohe Inflation in einigen Ländern der Eurozone Befürchtungen, die Europäische Zentralbank EZB könnte ihre Zinsen womöglich stärker anheben als gedacht.

Noch am Vortag war der EuroStoxx 50 auf den höchsten Stand seit fünf Wochen geklettert, doch nunmehr steuert der europäische Leitindex wegen der aktuellen Kursverluste für den Mai auf ein Monatsplus von wenigen Punkten zu. Überwiegend Abschläge zeigten am Dienstag auch die Börsentafeln in Frankreich an: Der Cac 40 in Paris verlor nach schwachen französischen Konjunkturdaten 0,90 Prozent, an der Londoner Börse konnte sich der FTSE 100 hingegen mit einem moderaten Plus behaupten.

Der starke Ölpreisanstieg machte gleichzeitig den Öl- und Gassektor europaweit zum grössten Gewinner des Branchenvergleichs, Eni und Total Energies etwa verteuerten sich um jeweils mehr als ein Prozent - und gehörten damit zu den grössten Favoriten im EuroStoxx 50. Ähnlich hohe Gewinne verbuchten auch die britischen Wettbewerber Shell und BP . Im Gegenzug stand der Reisesektor unter Druck, der unter den anziehenden Ölpreisen gleich zu leiden hat.

Unilever -Anteile verteuerten sich unterdessen um fast sieben Prozent. Für Fantasie sorgte bei den Anlegern die Berufung des aktivistischen Investors Nelson Peltz in den Verwaltungsrat. Auch Analysten begrüssten die Personalie. Die Anleger dürften nun darauf hoffen, dass Peltz auf Veränderungen im Unternehmen drängt, wie dies für aktivistische Investoren üblich ist. Diese steigen oft bei angeschlagenen Unternehmen ein, um einen Umbau zu fordern und so den Aktienkurs wieder hochzutreiben. Unilever hatte zuletzt mit einigen Schwierigkeiten wie etwa steigenden Kosten zu kämpfen. Auch scheiterte der Versuch, das Konsumentengeschäft des Pharmakonzerns GlaxoSmithKline zu übernehmen./tav/stk