PARIS/LONDON (awp international) - An den europäischen Börsen waren am Mittwoch zumeist weitere Kursgewinne angesagt. Die erst nach Handelsschluss anstehende Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed hielt die Risikobereitschaft der Anleger aber weiter in Grenzen. Der EuroStoxx 50 beendete einen recht zähen Handelstag 0,31 Prozent höher bei 4309,61 Punkten. Im Späthandel hatte er seine Bestmarke seit 2008 auf knapp 4310 Zähler gesteigert.

Unter den grossen Länderbörsen sorgte vor allem der Handel in Paris für Aufmerksamkeit. Nach 21 Jahren schaffte es der Cac 40 Index, den alten Rekord aus dem Jahr 2000 zu übertreffen. Der französische Leitindex ging 0,34 Prozent höher bei 6950,65 Punkten und damit unweit seines Tageshochs aus dem Handel. Der britische FTSE 100 jedoch war eine negative Ausnahme, indem er um 0,36 Prozent auf 7248,89 Zähler nachgab.

Am Markt gilt es als ausgemacht, dass die Fed demnächst mit dem Ausstieg aus ihren milliardenschweren Wertpapierkäufen beginnt. Wie Craig Erlam vom Broker Oanda betonte, ist dies ein "offenes Geheimnis" und Anleger seien darauf gut vorbereitet. Dennoch blieben sie vorsichtig, solange keine Gewissheit über die geldpolitischen Entscheidungen bestehe.

Gegen einen entschiedeneren Richtungswechsel sprechen aber die konjunkturellen Warnsignale der vergangenen Wochen. "Vor diesem Hintergrund dürfte Fed-Chef Jerome Powell der Forcierung von Zinserhöhungserwartungen entgegentreten", so die Volkswirte der Helaba. "Nach bisheriger Leseart ist mit Zinsschritten erst im späteren Jahresverlauf 2022 zu rechnen."

Rohstoffwerte erholten sich von den Abgaben des Vortages, während es mit den Ölwerten nach unten ging, nachdem die Ölpreise deutlich nachgegeben hatten. Deren Teilindex Stoxx Europe 600 Oil & Gas sackte um runde drei Prozent ab und war so der mit Abstand grösste unter lediglich drei Verlierern in der Sektorwertung. Aktien von BP zum Beispiel waren in London sektorkonform um fast drei Prozent abgesackt.

Zweiter im Bunde der Verliererbranchen waren die Einzelhandelswerte mit einem Sektorabschlag von 1,4 Prozent. Hier machte sich vor allem ein Kursrutsch um fast zehn Prozent beim deutschen Online-Händler Zalando bemerkbar. Von diesem hatte es nur vorsichtige Aussagen zur künftigen Geschäftsentwicklung gegeben.

Auch Versorger schwächelten. Hier verhagelte ein dänisches Unternehmen die Stimmung. Der Versorger Orsted hatte mit seinem operativen Ergebnis im dritten Quartal die Konsensschätzungen leicht verfehlt, wie Analyst Ahmed Farman von Jefferies feststellte. Die Aktien sackten in Kopenhagen um 5,4 Prozent ab.

Mit einem Einbruch von 18 Prozent gerieten im Energiesektor die Papiere von Vestas besonders heftig unter Druck. Der Windanlagenbauer hatte wegen steigender Rohstoffkosten und Problemen in der Lieferkette die Gewinnprognose weiter gesenkt. Laut dem JPMorgan-Experten Akash Gupta wurden die hohen Erwartungen nun einem Realitätscheck unterzogen. Beim Wettbewerber Siemens Gamesa rauschte der Kurs um fast 12 Prozent in die Tiefe.

Novo Nordisk überzeugte hingegen mit seinen endgültigen Quartalszahlen. Der Umsatz des Insulinherstellers habe positiv überrascht, schrieb Analyst Richard Vosser von JPMorgan. Der Gegenwind von der Währungsseite sei etwas geringer als befürchtet gewesen. Das verhalf der Aktie zu einem Gewinn von 2,5 Prozent./tih/he