PARIS/LONDON (awp international) - Europas Aktienmärkte haben ihre jüngste Erholung am Mittwoch schon wieder abgebrochen und Verluste verzeichnet. Inflationssorgen und damit einhergehend die Furcht vor einem schnellen geldpolitischen Gegensteuern der Notenbanken via Zinssteigerungen beherrschten das Bild erneut. Die zur Wochenmitte sehr schwache US-Technologiebörse Nasdaq und sehr hohe Verluste im Einzelhandelssektor nach einer Senkung der Gewinnprognose seitens des US-Konzerns Target trübten die Stimmung.

Der EuroStoxx 50 sank um 1,36 Prozent auf 3690,74 Punkte. Ähnlich sah es in Paris aus, wo der Leitindex Cac 40 um 1,20 Prozent auf 6352,94 Zähler nachgab. Der Londoner FTSE 100 schloss 1,07 Prozent tiefer auf 7438,09 Punkten.

Die Teuerung in der Eurozone bleibt sehr hoch. Im April stiegen die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 7,4 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat nach einer zweiten Schätzung mitteilte. Die Teuerung liegt auf dem Niveau von März und damit so hoch wie nie zuvor im europäischen Währungsraum.

Auch in Grossbritannien steigt die Inflation immer weiter. Laut dem Statistikamt ONS legten dort die Verbraucherpreise im April gegenüber dem Vorjahresmonat sogar um 9,0 Prozent zu. Das ist die höchste Rate seit Beginn der neuesten Aufzeichnungen im Jahr 1997. Durch Rückrechnung kommt das ONS zu dem Schluss, dass die Inflationsrate wohl zuletzt um das Jahr 1982 herum höher gewesen ist.

Aktien von Einzelhändlern standen nach einer weiteren Prognosesenkung eines US-Einzelhändlers auch in Europa unter Druck. Nach Walmart am Vortag war nun Target an der Reihe. Der US-Konzern verwies auf den deutlichen Kostenanstieg im ersten Quartal, wodurch man in diesem Jahr weniger profitabel wirtschaften dürfte als zunächst angepeilt. In Europa hatte dies teils erheblich negative Auswirkungen auf die Kurse etwa von Carrefour , Ocado und Tesco und in etwas geringerem Mass auch von Ahold Delhaize .

Die Schwäche im Technologiesektor machte sich im EuroStoxx besonders bemerkbar bei den Papieren von Prosus mit minus 4,3 Prozent als schwächstem Index-Wert und Adyen mit einem Abschlag von 3,7 Prozent.

Die europäische Arzneimittelbehörde EMA prüft die Zulassung des Corona-Impfstoffs des französischen Pharmakonzerns Valneva für den EU-Markt. Das Unternehmen habe einen entsprechenden Antrag gestellt, hiess es. Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, blieb offen. Dem Aktienkurs von Valneva half dies kaum, er sank um 2,3 Prozent. Am Montag waren die Anteile eingebrochen. Grund war eine Mitteilung des Unternehmens, dass die EU-Kommission die Absicht habe, den Liefervertrag für Valnevas Corona-Impfstoff zu kündigen.

Für frischen Wind sorgten Überlegungen von Siemens Energy über eine mögliche Komplettübernahme der Tochter Siemens Gamesa . Die Aktien des Windanlagenbauers sprangen darauf in Madrid um 12,6 Prozent nach oben. Siemens Energy besitzt gut zwei Drittel der Gamesa-Anteile. Seit Monaten kursieren Gerüchte über eine mögliche komplette Übernahme. Die Nachricht trieb am Mittwoch auch andere Titel des Sektors wie Vestas , die in Kopenhagen um 2,7 Prozent zulegten./ajx/he