PARIS/LONDON (awp international) - Die jüngsten Rekorde an den US-Börsen haben am Dienstag auch die europäischen Aktienmärkte mehrheitlich gestützt. Schwache Konjunkturdaten aus China schoben zu viel Euphorie allerdings einen Riegel vor.

Gegen Mittag legte der EuroStoxx 50 um 0,31 Prozent auf 4212,01 Punkte zu. Damit setzte der Leitindex der Eurozone seine Erholung fort und nahm weiter Kurs auf sein langjähriges Hoch bei 4242 Punkten, das er Mitte August markiert hatte. Für den zu Ende gehenden Monat zeichnet sich ein Kursplus von über drei Prozent ab und seit Jahresbeginn ein Wertzuwachs von fast 19 Prozent. Der französische Cac 40 gewann am Dienstag 0,08 Prozent auf 6692,91 Punkte. Dagegen sank der britische FTSE 100 nach dem feiertagsbedingt verlängerten Wochenende um 0,17 Prozent auf 7135,65 Zähler.

Während an den US-Börsen Aussagen von Notenbankchef Jerome Powell positiv nachwirkten, bremst die Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus die konjunkturelle Entwicklung in China. Vor allem im Bereich Dienstleistungen sorgte das Virus für einen herben Stimmungsdämpfer, wie aus dem am Dienstag veröffentlichen staatlichen Einkaufsmanagerindex hervorgeht. Der Indexwert, der die Stimmung in grösseren und staatlichen Unternehmen des Dienstleistungssektors abbildet, fiel im August überraschend deutlich unter die 50-Punkte-Marke, was auf ein Schrumpfen der wirtschaftlichen Aktivitäten hindeutet. Der Indexwert für die Industrieunternehmen ging indes nur moderat zurück.

Im europäischen Branchentableau dominierten die Gewinner. Als Spitzenreiter im marktbreiten Stoxx Europe 600 legte der Subindex der Energieversorger um knapp 1,3 Prozent zu. Dahinter ging es für den Index der Technologieunternehen um 0,8 Prozent hoch - er profitierte von der positiven Vorgabe der US-Technologiebörse Nasdaq.

Schlusslicht war indes der Index der Reise- und Freizeitunternehmen mit einem Minus von 0,7 Prozent. Hier belasteten die von der EU empfohlenen, wieder strengeren Einreiseregeln für Menschen aus Ländern wie den USA und Israel. Insgesamt sechs Staaten wurden am Montagabend von der Liste der Drittländer gestrichen, für die keine Corona-Beschränkungen mehr gelten sollen, wie der Rat der Mitgliedstaaten mitteilte. Grund sind insbesondere hohe Inzidenzzahlen. Die USA ihrerseits halten bislang an weitreichenden Corona-Einreiseverboten für Menschen aus Europa fest.

Der Index der Medienkonzerne gab um ein halbes Prozent nach. Die zuletzt rekordhohen Vivendi-Titel verloren mit 1,4 Prozent überdurchschnittlich. Der Unterhaltungskonzern gab den Verkauf weiterer Anteile an der vor der Abspaltung stehenden Musiksparte Universal Music Group (UMG) bekannt.

Die Aktien von Prosus setzten sich indes mit einem Plus von über fünf Prozent an die EuroStoxx-Spitze und machten damit den Rückschlag vom Vortag mehr als wett. Die niederländische Internetholding will sich über die ihre Beteiligung PayU in einem Milliardendeal den indischen Zahlungsabwickler Billdesk einverleiben. Das Fintech-Unternehmen PayU und die Billdesk-Aktionäre einigten sich laut Prosus auf eine Zahlung von 4,7 Milliarden US-Dollar.

Jefferies-Analyst Ken Rumph sprach in einer ersten Einschätzung von "einem der besten Deals" in der Unternehmensgeschichte. Zu Wochenbeginn hatte Prosus angesichts der Beteiligung am chinesischen Internetriesen Tencent unter der Nachricht gelitten, dass die chinesische Führung die Regeln für jugendliche Nutzer von Online-Spielen verschärft.

Bei Valneva konnten sich die Aktionäre über eine nochmalige Beschleunigung der Kursrally freuen: Die Anteilsscheine des französischen Impfstoffherstellers schossen um weitere 15 Prozent auf fast 22 Euro hoch. Valneva setzt bei seinem Covid-19-Impfstoffkandidaten VLA2001 auf die klassische Herangehensweise mit einem inaktiven Virus (Totimpfstoff). Damit könnte man Skeptiker erreichen, die der neuen mRNA-Technologie der Hersteller Biontech und Moderna misstrauen./gl/nas