PARIS/LONDON (awp international) - Die europäischen Börsen haben nach den kräftigen Gewinnen am Vortag eine gemächlichere Gangart eingeschlagen. Der EuroStoxx 50 stieg am Freitagmittag um 0,77 Prozent auf 3876,02 Punkte nach. Der französische Cac 40 legte um 0,65 Prozent auf 6599,24 Punkte zu, während der britische FTSE 100 um 0,3 Prozent auf 7352,65 Punkte nachgab.

Wenn es vor dem Wochenende auch bedächtiger zuging, so hat sich die Lage an den Finanzmärkten mit den überraschend günstigen US-Inflationsdaten vom Vortag doch merklich aufgehellt. "Auch wenn nicht alle Probleme aus der Welt geschaffen wurden und vor allem geopolitische Risikofaktoren bleiben, ist damit vorerst eine weitere Stabilisierung an den internationalen Kapitalmärkten wahrscheinlich", so Carsten Mumm, Chefvolkswirt beim Vermögensverwalter Donner & Reuschel.

Trotzdem bleibt abzuwarten, wie weit die Aufwärtsbewegung trägt. "Was allerdings die gestern in einem wahren Short-Squeeze entstandenen Kursgewinne wert sind, dürften erst die nächsten Tage zeigen", warnte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets vor übertriebenem Optimismus. "Gestern wurden viele Profis, die auf fallende Kurse spekulieren, gezwungen, ihre Positionen zu schliessen, was die Rally noch einmal befeuerte."

An der Spitze lagen erneut die Sektoren, die in den vergangenen Monaten am meisten unter den Zinserhöhungssorgen gelitten hatten. Ganz vorne notierten die Technologietitel, die damit von dem Kurssprung der Nasdaq abermals profitierten. Aktien der Beteiligungsgesellschaft Prosus kletterten um über fünf Prozent, nachdem die asiatischen Werte im Portfolio kräftig zugelegt hatten. ASML waren angesichts der günstigen Geschäftsaussichten weiterhin gefragt und verteuerten sich um über drei Prozent.

Luxusgüteraktien verzeichneten ebenfalls deutliche Gewinne. Gute Geschäftszahlen besorgten Richemont ein Plus von 9,2 Prozent. Zudem hatte die chinesische Führung ihre strikten Corona-Bestimmungen etwas gelockert. Das Land ist wichtiger Absatzmarkt für Luxusgüter. Daher waren auch andere Titel wie LVMH und Swatch gefragt. Die Hoffnungsschimmer in China stützten darüber hinaus Rohstoff- und Ölwerte.

Am Ende des Feldes rangierten dagegen die defensiven Sektoren, die sich in den vergangenen Wochen vergleichsweise gut gehalten hatten. Hier wurden nun offensichtlich Positionen reduziert bzw. in stark gefallene Werte anderer Sektoren umgeschichtet. Am stärksten gaben die Pharmatitel nach, gefolgt von den Branchen Telekommunikation und Nahrungsmittel./mf/stk