PARIS/LONDON (awp international) - An den europäischen Börsen herrschte am Donnerstag Zurückhaltung. Der EuroStoxx 50 verlor am späten Vormittag 0,29 Prozent auf 3574,72 Zähler. Der französische Cac 40 trat mit 6180,22 Punkte nahezu auf der Stelle, während der britische FTSE 100 um 0,47 Prozent auf 7230,18 Punkte nachgab.

Hinter den vergleichsweise geringen Veränderungen der Indizes standen um so gewichtigere Nachrichten. Keine Entwarnung gibt es bei der Erdgasversorgung: Der russische Energiekonzern Gazprom pumpt nach der Wiederinbetriebnahme der Ostseepipeline Nord Stream 1 zwar weiter Gas nach Europa, aber kaum die Hälfte des möglichen Umfangs.

In Italien droht nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Mario Draghi unterdessen politisches Chaos. Die Börse in Mailand gab zuletzt um über zwei Prozent nach. Der Risikoaufschlag für zehnjährige italienische Staatsanleihen im Verhältnis zu deutschen Staatsanleihen stieg zudem deutlich an. Das hoch verschuldete Italien könnte damit zu einer Gefahr für die EU und den Euro werden.

Daneben hielt die anstehende Sitzung der Europäischen Notenbank (EZB) die Marktteilnehmer an der Seitenlinie. Im Zentrum steht das Ausmass der erwarteten Anhebung. "25 Basispunkte sind angekündigt und würden keinen überraschen", stellte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker Robo Marktes fest. 50 Basispunkte könnten sich dagegen sogar positiv auswirken. "Der grosse Zinsschritt wäre ein starkes Signal und würde die Notenbank zwar nicht wieder vor die Kurve bringen, aber in Verbindung mit einem überzeugenden Massnahmenkatalog in Sachen Rendite-Spreads innerhalb der Eurozone ihre Glaubwürdigkeit und damit nicht zuletzt auch den Euro stärken", so Molnar.

Italienischen Banken gehörten angesichts der politischen Wirren im Land zu den Verlierern. So büssten Intesa Sanpaolo 5,9 Prozent ein. Goldman und Barclays hatten zudem ihre Kursziele gesenkt. Das drückte auch den Bankensektor insgesamt ins Minus. Noch schwächer tendierten die Ölwerte. Rückläufige Ölpreise und die wieder aufgenommen Erdgaslieferungen aus Russland belasteten den schwankungsfreudigen Sektor.

Ganz vorne im Euro-Stoxx-50 rangierten unterdessen Nokia . Robuste Zahlen für das zweite Quartal liessen die Aktie um 6,5 Prozent steigen. Der Netzwerkausrüster hatte im zweiten Quartal Umsatz und Gewinn gesteigert. Dabei profitierten die Finnen von einem robusten Wachstum im Geschäft mit der Netzinfrastruktur. Das Ergebnis je Aktie stieg um ein Drittel und fiel besser aus als von Analysten erwartet.

Einen ersten Schwung an Quartalszahlen gab es aus der Schweiz. Das Echo darauf war geteilt. So erlitten Roche trotz solider Zahlen leichte Abgaben. Marktteilnehmer sprachen angesichts der zuletzt robusten Entwicklung des Kurses von Gewinnmitnahmen. Die Aktien von Givaudan gaben nach den Zahlen zum zweiten Quartal sogar um 1,6 Prozent nach. Hohe Kosten hatten die Profitabilität im zweiten Quartal belastet. Besser sah es dagegen bei ABB aus. Der Industriekonzern hatte im zweiten Quartal von einer hohen Nachfrage profitiert. Die Tochter Accelleron soll ausserdem im Oktober an die Börse. ABB kletterten um 0,7 Prozent./mf/stk