PARIS/LONDON (awp international) - Die Inflationssorgen sind am Dienstag mit Macht an die europäischen Börsen zurückgekehrt. Hinzu kommt die Unsicherheit über die Auswirkungen der stark steigenden Corona-Infektionsfälle in vielen Ländern Europas. Für etwas Erleichterung dagegen sorgten aktuelle Daten zur Unternehmensstimmung in der Eurozone und Grossbritannien.

Der EuroStoxx 50 büsste gegen Mittag 0,83 Prozent auf 4302,84 Punkte ein. Damit setzte der Leitindex der Eurozone nach der jüngsten Rally seine Korrektur fort und weitete seine Verluste der vergangenen Handelstage aus.

An den grossen Länderbörsen sank der französische Cac 40 zuletzt um 0,46 Prozent auf 7072,14 Punkte. Der britische FTSE 100 gab moderater nach. Er verlor 0,17 Prozent auf 7243,12 Punkte. Ihn stützten erneut vor allem die Rohstoffwerte.

Die frisch aufgeflammten Zinssorgen begründete Portfoliomanager Thomas Altmann von QC Partners mit der Nominierung des amtierenden US-Notenbankpräsidenten Jerome Powell für eine zweite Amtszeit. "Steigende Zinsen werden jetzt einmal mehr zur Gefahr für die Aktienmärkte", betonte er. Denn nun rechneten die Marktteilnehmer für das kommende Jahr mit drei US-Zinserhöhungen, während der Konsens am Freitag noch bei zwei Zinsschritten gelegen habe.

Hinzu kommt, dass die Stimmen lauter werden, die sich um die hohe Inflation sorgen. Am Vorabend hatte es solche Aussagen von der US-Finanzministerin Janet Yellen gegeben, auch wenn sie spät im neuen Jahr dann mit einer Normalisierung rechnet. An diesem Tag äusserte sich ausserdem die deutsche Direktorin bei der Europäischen Zentralbank (EZB), Isabel Schnabel. In einem Bloomberg-Interview sagte sie, es wüchsen offenbar die Zweifel, wie schnell und in welchem Ausmass die Inflation zurückgehen werde.

Mit Blick auf die Unternehmensstimmung in der Industrie und dem Dienstleistungssektor in der Eurozone hellte sich die Laune im November auf. Die Daten fielen zudem besser als erwartet aus. In Grossbritannien hielt sich die Stimmung stabil.

Allerdings warnt Volkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank: "Europa läuft in konjunkturell schwierige Wintermonate hinein. Die Erhebungsperiode des Einkaufsmanagerindex spiegelt die schwierige Situation nicht in voller Gänze wider. In Anbetracht der Materialknappheiten und der damit verbundenen schleppenden Entwicklung der Industrieproduktion war bislang von einer Stagnation auszugehen. Doch die um sich greifende vierte Corona-Welle belastet nun auch den Dienstleistungssektor."

Branchenweit zeigten sich Technologieaktien besonders unter Druck: Im EuroStoxx etwa büssten ASML 2,6 Prozent ein und Infineon 2,3 Prozent. Im Cac 40 zählten STMicro und Dassault Systemes zu den grössten Verlierern mit einem Minus von jeweils etwas mehr als zwei Prozent. In den USA hatten am Vorabend die rekordhohen Nasdaq-Indizes den Rückwärtsgang eingelegt und kräftig nachgegeben, während sich der Dow Jones Industrial stabil halten konnte.

Einzige Branche im Plus war die der Bergbauwerte , die um 0,2 Prozent stieg. Unter den Einzelwerten im Stoxx hatten entsprechend Rio Tinto und BHP die Nase vorn mit Gewinnen von jeweils 2,4 Prozent.

Unter den Einzelwerten stiegen nach Quartalszahlen zudem die Papiere von CRH im Eurostoxx um 3,3 Prozent. Der sehr solide Bericht des irischen Baustoffkonzerns habe seinen Erwartungen entsprochen, schrieb Berenberg-Analyst Harry Goad. Das Ziel für das operative Jahresergebnis (Ebitda) 2021 lasse nun einen leichten Anstieg der Konsensschätzung erwarten./ck/mis