PARIS/LONDON (awp international) - Eine Verkaufswelle hat am Donnerstag die europäischen Aktienmärkte erschüttert. Damit setzte sich der Schaukelkurs der vergangenen Tage mit einem nun deutlichen Ausschlag nach unten fort. Gegen Mittag sackte der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 um 2 Prozent auf 3996,96 Punkte ab. Für den französischen Cac 40 ging es um 2,1 Prozent auf 6390,95 Zähler nach unten und der britische FTSE 100 büsste 1,28 Prozent auf 7059,25 Punkte ein.

Nach einer fast weltweit starken ersten Jahreshälfte für die Börsen belastete die Angst vor steigenden Corona-Infektionszahlen infolge der zuehmenden Verbreitung der besonders ansteckenden Delta-Variante. Zudem könnte die schon vortags von Chinas Regierung angekündigte, verschärfte Kontrolle von im Ausland an der Börse gehandelten chinesischen Unternehmen einen Stimmungsumschwung begünstigen.

Dazu will die Europäische Zentralbank (EZB) ab 13.00 Uhr die Ergebnisse zur Überprüfung ihrer geldpolitischen Strategie vorstellen. Laut Notenbankkreisen will sie ihr Inflationsziel anheben. Steigende Zinsen schmälern tendenziell die Attraktivität von Aktien im Vergleich zu festverzinslichen Wertpapieren wie etwa Anleihen.

Im europäischen Branchenvergleich gab es am Donnerstag nur Verlierer. Mit am schlimmsten traf es die Banken sowie die konjunktursensiblen Rohstoff- und Autowerte: Ihre Subindizes im marktbreiten Stoxx Europe 600 fielen um knapp zwei bis zweieinhalb Prozent.

Vergleichsweise gut hielten sich dagegen die Aktien von Immobilienkonzernen, deren Index nur knapp im Minus notierte. Auch Titel aus der defensiven Pharmabranche schlugen sich mit einem Indexminus von 0,3 Prozent recht wacker.

Im schwachen Autosektor ging es für Stellantis trotz positiver Aussagen zum ersten Halbjahr überdurchschnittlich bergab: Die Aktien des zu Jahresbeginn fusionierten Branchenriesen verbilligten sich um zweieinhalb Prozent und markierten zeitweise ein Tief seit Ende Mai.

Ansonsten kamen die kursbewegenden Unternehmensnachrichten vor allem aus London. Bei Persimmon mussten die Anleger ein Kursminus von gut dreieinhalb Prozent verkraften, womit die jüngste Erholung erst einmal beendet ist. Das britische Bauunternehmen konnte weder mit einem deutlichen Umsatzanstieg im ersten Halbjahr noch mit dem bekräftigten Ziel einer Kapitalausschüttung von 235 Pence je Aktie überzeugen.

Schwache Quartalsumsätze auf dem britischen Heimatmarkt liessen die Aktien des Handelskonzerns B&M um fast drei Prozent absacken. Dagegen zogen die Aktien von Deliveroo um über vier Prozent an. Der britische Essenslieferdienst hob nach einem starken Wachstum sowie einer anhaltenden Kundennachfrage im ersten Halbjahr den Ausblick an.

Die Anteilseigner von Cairn Energy konnten sich gegen den Branchentrend über ein Kursplus von knapp ein Prozent freuen. Der schottische Ölkonzern erreichte vor einem französischen Gericht die Beschlagnahmung von Vermögenswerten des indischen Staates in Paris. Damit sowie mit der Beschlagnahmung weiterer indischer Vermögenswerte im Ausland will Cairn Indien zur Zahlung einer Summe von 1,7 Milliarden US-Dollar zwingen, die ein internationales Schiedsgericht dem Unternehmen im Rahmen eines Steuerstreits zugesprochen hatte./gl/eas