PARIS/LONDON/ZÜRICH (dpa-AFX) - Die europäischen Börsen haben am Mittwoch geschwächelt. "Die Nervosität nimmt bei den Investoren zu und führt zu Gewinnmitnahmen insbesondere bei den Technologietiteln", so Marktexperte Andreas Lipkow. Immer wieder werden die Auswirkungen der US-Wahl als Unsicherheitsfaktor auch oder gerade in Europa genannt.

Verschiedene Konjunkturdaten, darunter ein unerwarteter Lichtblick in der deutschen Wirtschaft und eine im Oktober deutlich gestiegene deutsche Inflation, konnten dem europäischen Aktienmarkt in der Summe keine Entlastung geben. Gleiches galt im späteren Verlauf für relativ robuste Kurse an der Wall Street, die nur wenig halfen, das Minus zu reduzieren.

Nach einem Tagestief bei 4867 Zählern sank der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50, der am Vortag nahe der 5000er Marke abgekehrt war, letztlich um 1,30 Prozent auf 4.885,75 Punkte. Der schweizerische Leitindex SMI verlor 1,10 Prozent auf 11.967,70 Punkte und fiel damit auf ein Tief seit gut drei Wochen. Der britische FTSE 100 schloss mit 8.159,63 Punkten 0,73 Prozent tiefer.

Volkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank sprach zwar von einem besseren deutschen Wirtschaftswachstum im dritten Quartal, schränkte aber zugleich dessen Bedeutung ein: "Da die Weltwirtschaft noch einige Zeit schwach wachsen dürfte, wird auch die deutsche Wirtschaft in den kommenden Quartalen nicht deutlich vom Fleck kommen." Laut der ING Bank ändert sich nichts an der Tatsache, dass die Wirtschaft weiterhin in einer Stagnation steckt.

Relevant bleiben auch die Folgerungen, die Anleger für die Geldpolitik ziehen. Maßgeblich dafür war auch die deutsche Inflation, die im Oktober deutlich anzog. Laut ING stützen die neuen Erkenntnisse die Ansicht, dass sich die Europäische Zentralbank im Dezember gegen eine Zinssenkung um 0,50 Prozentpunkte aussprechen wird. Es sei damit ein "Tag der Falken", also jener, die auf eine strengere Geldpolitik setzen.

Schwächster Sektor waren in Europa die Technologiewerte, deren Teilindex seine seit Mitte Oktober erzielten Kursgewinne mit einem Abschlag von 2,5 Prozent fast wieder vollständig auslöschte. Daran änderten auch starke Zahlen des US-Internetriesen Alphabet nichts. Dem standen schwer enttäuschende Aussagen des US-Chipkonzerns AMD gegenüber, sodass es an der technologielastigen New Yorker Nasdaq-Börse auch leichte Kursverluste gab.

Aus dem Chipsektor folgten Infineon und ASML der US-Branchentendenz unter den größten EuroStoxx-Verlierern um bis zu 3,5 Prozent nach unten. Mit ASM International konnte sich ein europäischer Tech-Wert nach überraschend guten Zahlen dem schwachen Sektortrend entziehen. Die Aktie des Chipindustrie-Ausrüsters gewann 5,4 Prozent.

Auch die Finanzwerte schwächelten, obwohl UBS einen starken Quartalsbericht vorgelegt hatte. Die schweizerische Großbank hatte im dritten Quartal einen Milliardengewinn erzielt und dabei die Markterwartungen erneut deutlich übertroffen. Der UBS-Kurs erreichte zunächst den höchsten Stand seit 2008, dann aber folgte eine Welle an Gewinnmitnahmen. Letztlich war das Minus 4,5 Prozent groß.

Der Pharmasektor litt unter der Schwäche von GSK. Die Umsatz-Entwicklung bei Impfstoffen habe enttäuscht, so die Analysten von JPMorgan. Der Ausblick des britischen Pharmakonzerns werde zudem durch erhöhte Belastungen von der Währungsseite beeinträchtigt. GSK fielen um drei Prozent.

Besser schlugen sich in Paris die Aktien von Schneider Electric. Der französische Elektrokonzern war dank guter Geschäfte etwa in Nordamerika im dritten Quartal etwas schneller gewachsen als gedacht. Die Aktie stemmte sich mit einem Anstieg um 0,6 Prozent gegen die Marktschwäche.

Mit Saint-Gobain wusste ein weiterer französischer Standardwert zu überzeugen. Die Analysten von Berenberg attestierten dem Baustoffkonzern eine gute Entwicklung in einem schwierigen Umfeld. Die Aktie gewann 1,3 Prozent./tih/he